Online-Wissenstest 13.08.2021, 08:27 Uhr

ADAC warnt Radfahrende vor gefährlichen Wissenslücken bei Verkehrsregeln

Eine bundesweite Online-Umfrage des Autoclubs ADAC unter 4.500 Radfahrerinnen und Radfahrern ab 14 Jahren zeigt Wissenslücken bei den Regeln im Straßenverkehr. Im Durchschnitt wurden nur 60 Prozent aller Fragen richtig beantwortet.
Wissenstest: Im Bereich Punkte und Fahrverbote kennen sich Radfahrer am besten aus
(Quelle: ADAC)
Deutschland will ein Fahrradland werden. Der ADAC wollte darum wissen, wie gut Fahrradfahrer und Fahrradfahrerinnen die gerade reformierte Straßenverkehrsordnung (StVO), ihre Rechte und Pflichten im Straßenverkehr sowie die Sanktionen bei Verstößen kennen. Dafür wurden im Mai dieses Jahres bundesweit 4.500 Interviews geführt. Personen ab 14 Jahren, die an mindestens drei Tagen im Jahr Rad fahren, beantworteten dabei 37 Testfragen – von der Bedeutung von Schildern bis zu Sanktionen bei Rotlicht-, Alkohol- oder Handy-Verstößen.
Etwa zwei Drittel meinen, dass sie die Straßenverkehrsordnung gut kennen. Und fast 80 Prozent gaben an, sich an die Verkehrsregeln zu halten. Ganz so gut wie in der Selbsteinschätzung ist das Regelwissen allerdings nicht, so der Autoclub. Denn im ADAC Wissenstest zeigten einige Befragte große Lücken, wenn es um die aktuelle StVO und Regeln und Sanktionen bei Verstößen geht. Im Durchschnitt wurden 60 Prozent aller Fragen korrekt beantwortet. Die Spitzengruppe ist allerdings sehr klein: Nur ein Prozent der Interviewten beantwortete mindestens 33 von 37 Fragen korrekt.
In der Auswertung des Tests zeigt sich, dass es bei den StVO-Kenntnissen kaum Unterschiede zwischen den Bundesländern gibt. Radfahrer und -fahrerinnen aus ländlichen Gemeinden erreichten etwas mehr Punkte als Städter, Ältere mehr als Jüngere, Männer mehr als Frauen, Vielfahrerinnen mehr als Gelegenheitsradlerinnen und Führerscheininhaber mehr als Radfahrer, die nie in einer Fahrschule waren.
Mit Abstand am schlechtesten kennt sich die kleine Gruppe derer aus, die ihren Fahrstil selbst als offensiv oder sogar aggressiv bezeichnet.
Das sind die größten Wissenslücken
Bis zum Alter von acht Jahren müssen Kinder mit dem Fahrrad auf dem Gehweg fahren, idealerweise in Begleitung eines Erwachsenen. Diese Altersgrenze kennen nur wenige erwachsene Radfahrerinnen und Radfahrer. Im ADAC Wissenstest waren es 18 Prozent, einer der schlechtesten Werte der Umfrage. 
Nicht viel besser sieht es bei Sanktionen bei Alkohol am Fahrradlenker aus. Nur 60 Prozent wissen, dass Radfahren nach Alkoholkonsum ab einer bestimmten Promille-Grenze (1,6) eine Straftat ist und zum Entzug der Fahrerlaubnis sowie der Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) führen kann. Übrigens: Schon ab 0,3 Promille können Radfahrer genau wie Autofahrerinnen bei Unfällen oder auffälligem Verhalten zur Rechenschaft gezogen werden.
Das sagt der Fahrradclub ADFC zur ADAC Umfrage
Der Rechtsreferent des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), Roland Huhn: „Es stimmt, viele Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer kennen wichtige Verkehrsregeln nicht. Das betrifft Autofahrerinnen und Autofahrer aber mindestens so stark wie Menschen auf Rädern. Die Probleme werden auch immer größer, weil immer mehr und immer größere Fahrzeuge auf den Straßen sind und Radfahrenden oft kein eigener, geschützter Raum zugestanden wird. Viele Autofahrende wissen beispielsweise nicht, dass Fahrräder mit mindestens 1,50 Metern Sicherheitsabstand überholt werden müssen, obwohl das seit April 2020 ausdrücklich in der Straßenverkehrsordnung steht. Notwendig sind eine selbsterklärende Infrastruktur und mehr Aufklärungsarbeit. Das Bundesverkehrsministerium sollte sich mit den Akteuren der Verkehrssicherheit neue Formate der Wissensvermittlung aneignen, die Spaß machen und alle Verkehrsteilnehmenden ernst nehmen. Und natürlich brauchen wir den schnellen Ausbau der Radinfrastruktur. Der ADAC hat ja selbst in einem früheren Test festgestellt, dass die meisten Radwege in Deutschland unterdimensioniert sind. Zu oft fehlen sie ganz.“
Wissenslücken auch bei Smartphones und Verkehrsschildern
Dass ein Smartphone in der Hand während der Fahrt auch verboten ist, wenn man damit nicht telefoniert, ist etwa einem Drittel nicht bewusst. Das gilt ebenfalls für die Regel, dass man in Einbahnstraßen nicht gegen die Fahrtrichtung radeln darf. Es sei denn, das ist mit einer entsprechenden Beschilderung erlaubt. Verstöße können teuer werden: 55 Euro kostet die Handy-Nutzung auf dem Rad. Und wer bei Rot über die Ampel fährt, zahlt mindestens 60 Euro und kassiert einen Punkt in Flensburg.
Auch die drei blauen Verkehrsschilder zur Radwegbenutzung, ob etwa Fußgänger und Radfahrerinnen den gleichen Weg nutzen dürfen, stellen die Befragten vor Probleme: Nur ein Viertel der wusste, dass bei allen drei Schildern Radfahrende verpflichtet sind, diese Wege zu nutzen, sie also nicht auf die Straße ausweichen dürfen. 
Dies bestätigte der Fahrradexperte Matthias Faber gegenüber SAZbike. Faber bietet seit Jahren Fahrsicherheitskurse in Hamburg an, vor allem für Pedelec-Kundschaft. „Bei den blauen Schildern sind Radfahrer öfter mal unsicher, wie sie den Weg nutzen müssen“, so Faber. Er sieht die Ursachen auch in der sich schnell ändernden Hamburger Infrastruktur mit vorübergehenden Lösungen, wie auch der autozentrierten alten Infrastruktur, welche für seine Fahrradkundschaft nicht immer hinreichend verständlich ist. Sichere Radwege würden hier auch helfen, pflichtet Faber dem ADFC bei.
ADAC Verkehrspräsident: Unwissenheit ist gefährlich
ADAC Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand sagt abschließend: „Die neue Straßenverkehrsordnung berücksichtigt erfreulicherweise sehr stark die Bedürfnisse der Radfahrer. Für alle Verkehrsteilnehmer gilt: Unwissenheit kann gefährlich werden, weil sie das Risiko von Konflikten erhöht und im schlimmsten Fall zu Unfällen führt. Außerdem kann sie teuer werden. Auch Radfahrern können Bußgelder drohen. Es wäre gut, wenn alle, Auto- und Radfahrer, sich regelmäßig über Neuerungen informierten, ihre Regelkenntnisse auffrischten. Denn nur wer die Regeln kennt, kann sie auch einhalten. Dann ist ein gutes und rücksichtsvolles Miteinander aller Verkehrsteilnehmer möglich.“
Sicherheit entscheidet die Verkehrswende
Die Fahrradbranche ist auf Sicherheit im Straßenverkehr angewiesen. Besonders gilt dies für Frauen, sie lassen sich von subjektiv als unsicher empfundenen Radwegen leichter abschrecken als Männer (SAZbike berichtete dazu bereits in der gedruckten Ausgabe). Kenntnis der Verkehrsregeln verleiht Sicherheit, doch Wissenslücken, welche die Unfallgefahr erhöhen, werden wachsen, solange der Anteil junger Leute ohne Führerschein weiter steigt. In Kombination mit noch folgenarmen Tendenzen, etwa dem steigenden Gewicht von Elektrorädern, könnten steigende Unfallzahlen im schlimmsten Fall zu Änderungen in der Rechtsprechung in Form einer höheren Betriebsgefahr fürs Fahrrad führen. Der Sicherheitsexperte Dirk Zedler hatte in einem anderen Zusammenhang davor gewarnt, es ging um die Entwicklung schwerer Lastenrädern und damit steigender Verletzungsgefahr bei Unfällen. Es gilt also, für Sicherheit im Straßenverkehr zu sorgen. Dazu tragen neben den vom ADFC und auch vom ADAC geforderten sicheren Radwegen auch Fahrsicherheitskurse bei, wie sie neben privaten Anbietern wie Matthias Faber auch einige Bundesländer, der ADFC und der ADAC anbieten.
Der Wissenstest mit den 37 Fragen befindet sich hier.



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