Beispiel Rufbus 18.02.2022, 10:30 Uhr

Wie kann Mobilität im ländlichen Raum funktionieren?

Wie muss der öffentliche Verkehr im ländlichen Raum aussehen, damit mehr Menschen auf ihr Auto verzichten könnten? In Bayern hat man dazu einige Ideen.
Der ÖPNV auf dem Land reicht häufig nicht aus. 
(Quelle: Pixabay)
Auf dem Land ergeben sich besondere Herausforderungen: die Wege sind oft weit und der öffentliche Verkehr so schwach getaktet, dass das eigene Auto notwendig und zudem meist schneller und günstiger ist. Doch die Spritpreise steigen, der klassische Pkw gerät im Zuge der Klimaschutz-Debatten immer mehr in Verruf. Dass man auf einer der bunten Mitfahrbänke, die in vielen Dörfern aufgestellt sind, wartet, bis ein Autofahrer Erbarmen hat, kann keine ernsthafte Alternative sein. In Bayern gibt es daher verschiedene Ideen diese Mobilitätslücken zu schließen: 

Der Hofer Landbus

Im Landkreis Hof haben Menschen die Möglichkeit, per App oder Telefon eine Fahrt mit dem Landbus zu buchen. Dieser hat keinen festen Fahrplan und die Routen werden flexibel berechnet. Zur Verfügung steht der Bus täglich von 6 bis 23 Uhr. Jede Fahrt kostet drei Euro, die durchschnittliche Wartezeit auf den Bus beträgt zehn Minuten. Das Projekt läuft bereits im Bereich Rehau und Regnitzlosau und soll nun auf andere Kommunen ausgeweitet werden: „Der Hofer Landbus ist ein absolutes Erfolgsprojekt, das wir ausbauen werden“, sagt Landrat Oliver Bär (CSU). Die Rückmeldungen seien extrem positiv. „Ziel ist, dass der Hofer Landbus die gesamte Region erfährt.“ Mit 600.000 Euro, verteilt auf fünf Jahre, unterstützt der Freistaat Bayern das Projekt. Der Landkreis Hof steuert jährlich rund 120.000 Euro bei.

Die Emmi im Allgäu

In Bad Hindelang im Allgäu fährt die „Emmi“, ein elektrisch betriebener Rufbus. Dieser kann ebenfalls per App gebucht werden und funktioniert ohne festen Fahrplan beziehungsweise ohne feste Route. „Auf diese Weise können auch entlegene Weiler an den ÖPNV angeschlossen werden“, teilen die Verantwortlichen mit. Leerfahrten würden vermieden, da die Routen immer wieder neu je nach Bedarf errechnet und Fahrten gebündelt würden. Als „flexibler, nutzerfreundlicher und nachhaltiger“, beschreibt Bürgermeisterin Sabine Rödel das neue Angebot. Das Projekt läuft zunächst zwei Jahre und kostet die Gemeinde jährlich 300.000 Euro. Weitere ähnliche Projekte sind der Lechbus im Donau-Ries oder der Flexibus in Günzburg und Leipheim.

Das Ziel: ÖPNV für Alle

„Auf dem Land habe ich derzeit die Wahl zwischen Autofahren und Sitzenbleiben. Neue Arten des öffentlichen Verkehrs - wie Sharing, fließende Grenzen zwischen öffentlichem Verkehr und Privatverkehr oder digitale Lösungen werden die Situation auf dem Land zwar verbessern, sie werden aber nie in eine neue Qualität umschlagen“, sagt Mobilitätsexperte Lutz Fügener von der Hochschule Hof. Im Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition im Bund heißt es: „Wir wollen Länder und Kommunen in die Lage versetzen, Attraktivität und Kapazitäten des ÖPNV zu verbessern.“ Konkrete Maßnahmen sind nicht genannt.
Der ÖPNV müsse so attraktiv werden, dass in einer Familie, die auf dem Land lebt, mindestens ein Auto abgemeldet werden kann, fasst Jörg Lange vom Fahrgastverband Pro Bahn zusammen. „Kritiker malen dann gerne die Bilder von leeren Geisterbussen an die Wand. Ein Angebot an die Bürger, das genutzt werden soll, muss aber eben auch für die Bürger passen - das ist wie beim Schuhkauf.“ Im ländlichen Raum habe inzwischen fast jeder Volljährige ein Auto - denn Einkaufsmöglichkeiten und Schulen gebe es längst nicht mehr in jedem Ort. Fairerweise müsse man aber sagen, dass inzwischen viele Menschen sensibler bei den Themen Klima und Umwelt geworden seien, betonte Lange. Mit flexiblen Angeboten wie dem Hofer Landbus könne ein gutes ÖPNV-Angebot auch auf dem Land organisiert werden.
In Bayern befasst sich ein Zukunftsrat mit dem Ausbau des ÖPNV-Angebots bis 2030. Das Ziel: Eine Verdopplung der Fahrgastzahlen. „Mit der ÖPNV-Strategie 2030 werden wir zahlreiche Verbesserungen anstoßen, die am Ende vor allem den Fahrgästen zugutekommen“, versprach Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU) im Dezember.



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