ADAC-Umfrage: ÖPNV ganz vorne 08.03.2023, 11:32 Uhr

Deutschland will Busfahren

Der Autoclub ADAC hat die Einstellung der Bevölkerung zum Verkehrswandel untersucht. Großer Gewinner sind Bus und Bahn vor dem Fahrrad. Das Auto spielt keine große Rolle.
Der ADAC untersucht die Einstellung der Bevölkerung zur Verkehrspolitik.
(Quelle: ADAC)
Bei der Frage des ADAC nach der Dringlichkeit bundesweiter verkehrspolitischer Maßnahmen landete der Ausbau des ÖPNV auf dem Land an erster Stelle. Es folgten die Förderung erneuerbarer Energien, der Ausbau des ÖPNV in Städten, die Förderung alternativer Antriebe, die Förderung klimaneutraler Kraftstoffe für Pkw, die Verbesserung von Radverkehrsinfrastruktur sowie Ladeinfrastruktur für Elektroautos. Schlusslicht war eine fußgängerfreundlichere Infrastruktur.

Ausbau von Infrastruktur in den Kommunen

Auch die Projekte in der eigenen Stadt oder Gemeinde waren ein Thema. Hier lag der Ausbau des ÖPNV an erster Stelle, gefolgt von durchgängigen Radwegenetzen mit 47 und barrierefreier Verkehrsinfrastruktur mit 46 Prozent, Ladeinfrastruktur für Elektromobilität, Fußwege und Überquerungsmöglichkeiten, Fahrradabstellanlagen, Radschnellwege, Verkehrsfreie Aufenthaltsflächen, Mobilitätsstationen. An letzter Stelle lag die Einrichtung beziehungsweise der Ausbau von Bike & Ride-Anlagen wie zum Beispiel Fahrradabstellanlagen an Haltestellen. Das hielten nur 21 Prozent der Interviewten für dringend.

Wichtigste Ziele

Der Verkehrswandel hat eine Reihe übergeordneter Ziele, bei denen die Befragten unterschiedlich großen Handlungsbedarf sahen. Für 65 Prozent waren weniger Luftschadstoffe am wichtigsten. Mehr Verkehrssicherheit für Fußgänger und Radfahrende sollten nach der Meinung von 57 Prozent zügig angegangen werden. Und 55 Prozent sahen es als dringend an, die CO₂-Emissionen des Verkehrs von 1990 bis 2030 zu halbieren. Die geringste Priorität – 38 Prozent – wurde dem Ziel “weniger Verkehrslärm“ beigemessen.

Langsame Fortschritte

Die Ziele des Verkehrswandels zu erreichen, liegt auch in der Verantwortung der Kommunen. Die meisten der Befragten meinten, es sei schon etwas gemacht worden, aber Städte und Gemeinden stünden erst am Anfang. Nur rund jeder Zehnte war der Meinung, dass seine Kommune bei der Erreichung der Ziele der Verkehrswende auf einem guten Weg ist. Schlusslicht war das Ziel „weniger Verkehrslärm“, zu dem 38 Prozent äußerten, es sei noch nichts geplant.
Nach Einschätzung der Interviewten passiert auf allen Feldern – Luftschadstoffe, Verkehrssicherheit, CO₂-Emissionen, Umstieg auf ÖPNV oder Fahrrad, Aufenthaltsqualität in Städten und Verkehrslärm – zu wenig zu langsam.

Engagement des Einzelnen

Die ADAC-Umfrage zeigte, dass über die Hälfte der Befragten bereit wäre, zukünftig an der Umgestaltung ihrer Stadt mitzuwirken. Mit 45 Prozent am größten war die Bereitschaft, an einer Bürgerbefragung teilzunehmen, 20 Prozent konnten sich vorstellen, sich bei Bürgerveranstaltungen und Workshops einzubringen.
37 Prozent der Interviewten gaben an, die Umgestaltung ihrer Kommune solle diese beziehungsweise die gewählten Vertreter und Vertreterinnnen selbst regeln, oder waren nicht interessiert. Nach den überwiegend genutzten Verkehrsmitteln unterschieden, waren die Radfahrenden mit 64 Prozent Bereitschaft am engagiertesten. Aber auch bei den Befragten, die überwiegend Pkw- oder ÖPNV nutzen, lag sie bei über 50 Prozent.

Empfehlungen des ADAC

Für das Gelingen des Verkehrswandels in Städten und Gemeinden sind nach Ansicht der ADAC-Verkehrsexperten folgende Punkte besonders wichtig:
  • In den öffentlichen Nah- und Fernverkehr muss dauerhaft mehr investiert werden, um das Angebot zu verbessern. Entscheidend sind eine dichtere Taktfolge und mehr Zuverlässigkeit.
  • Die Bevölkerung muss eingebunden werden, zum Beispiel durch so genannte Bürgergutachten. Informationsveranstaltungen, bei denen die Betroffenen vor vollendete Tatsachen gestellt werden, reichen nicht aus.
  • Vor allem, wenn es mit Vorteilen verbunden ist, werden mehr autofahrende Bürgerinnen und Bürger von diesen auf Alternativen zum Pkw umsteigen.
  • Besonders in den Ballungsräumen sind dafür günstige Ticketpreise im ÖPNV bei dessen guter Qualität ein wesentlicher Faktor.
  • Verbraucherinnen und Konsumenten brauchen Planungssicherheit. Ihr Auto zum Beispiel werden sie nicht abschaffen, wenn die Perspektive zeitlich begrenzt ist. Beim 49-Euro-Ticket etwa reicht sie nur über 24 Monate.
  • Für den Umstieg vom Auto auf das Fahrrad sind durchgängige Radwegenetze erforderlich, auf denen Radfahrende sicher und zügig vorankommen.
  • Für Gelegenheitsnutzer sind neben dem öffentlichen Verkehr und dem Fahrrad Car-Sharing und für die Kurzstrecke das Zufußgehen naheliegende Alternativen.
  • Für E-Autos, E-Bikes und elektrische Fahrzeuge im kommunalen Fuhrpark beziehungsweise ÖPNV braucht es eine bessere Ladeinfrastruktur.
  • Es gibt kein Patentrezept für alle Kommunen zum Gelingen des Verkehrswandels. Er erfordert individuelle Lösungen mit einem attraktiven Angebotsmix aus öffentlichem Verkehr, Radverkehr, barrierefreiem und sicherem Fußverkehr und Sharing-Diensten.
  • Kleinere Schritte sind besser als Nichtstun.

So hat der ADAC untersucht

Im Auftrag des ADAC hat das Nürnberger Insitut Infas im Oktober und November 2022 eine repräsentative deutschlandweite Befragung online durchgeführt. Interviewt wurden 2.000 Personen ab 17 Jahren, gewichtet nach Alter und Geschlecht. Als Verkehrsmittel nutzten 677 von ihnen überwiegend den Pkw, 505 das Fahrrad und 509 den ÖPNV. 233 Personen waren überwiegend zu Fuß unterwegs.
Die vollständige Umfrage findet sich hier.



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