Sicherheit von Pedelecs 22.08.2018, 15:09 Uhr

Zweirad-Industrie-Verband widerspricht Deutscher Verkehrswacht

Gab es eigentlich seit dem Aufschwung des Pedelecs zum Massenphänomen einen Sommer ohne die Warnung vor Unfällen? Jetzt greift die Deutsche Verkehrswacht das Thema auf. Der ZIV widerspricht.
Alleinunfälle ereignen sich im Sommer etwa durch Löcher auf der Straße.
Am 20. August warnte die Deutsche Verkehrswacht (DVW) vor der Unfallgefahr mit Pedelecs: „Steigende Unfallzahlen mit Pedelecs lassen die Vermutung zu, dass die Sicherheit der Nutzer wenig im Mittelpunkt steht. Dabei könnte neben mehr Aufklärung und Fahrtrainings auch die Entwicklung von Sicherheitstechnik zur Senkung der Unfallzahlen beitragen“. Abgesehen vom seltenen Antiblockiersystem (ABS) gebe es für Pedelecs praktisch keine Fahrerassistenzsysteme bemängelt der Verein. Wenige wissenschaftliche Institute wie die TU Kaiserlautern forschten laut Verkehrswacht bereits auf diesem Gebiet und testeten unter anderem Radar-, Sensor- und Kameragestützte Systeme, beispielsweise Spurwechselassistenten oder Abstandswarner. Ob und wann solche Systeme allerdings zuverlässig und praktikabel seien, sei nicht absehbar. Zudem würden die Projekte auch nur begrenzt gefördert“. Radargestützte Abstandwarner bietet der Hersteller Garmin allerdings seit Jahren an.
Prof. Kurt Bodewig, Präsident der Deutschen Verkehrswacht (DVW) und Bundesminister a. D. fordert: "Wir brauchen auch von Herstellern mehr Ideen und Investitionen in Sicherheit. Damit würden sie besonders den Bedürfnissen älterer Pedelec-Nutzer entgegenkommen.". Das Unfallrisiko mit Pedelecs sei dreimal so hoch wie mit klassischen Rädern. In 2017 seien dabei laut Statistischem Bundesamt (Destatis) 68 Menschen gestorben. Etwa 30 % der Pedelec-Unfälle sollen Alleinunfälle sein und meistens auf Probleme beim Handling der Fahrzeuge zurückzuführen sein. Fahrer über 75 Jahre seien besonders gefährdet.
ZIV bestreitet Aussagen der DVW
Darauf antwortet der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) mit einem offenen Brief: Überrascht und mit Unverständnis habe man die Aussagen der Deutschen Verkehrswacht zur Sicherheit von Pedelecfahrern zur Kenntnis genommen. Die Behauptung, die Industrie tue zu wenig für deren Sicherheit sei aber laut ZIV falsch. „Zudem wird anhand ungestützter Thesen behauptet, dass Pedelecs ein höheres Unfallrisiko als normale Fahrräder haben. Auch dies ist nicht richtig und bereits widerlegt“, so Siegfried Neuberger, Geschäftsführer des ZIV.
Der ZIV habe sich bereits mehrmals zu dem Thema der Unfallzahlen von E-Bikes geäußert und dabei gewarnt, diese Zahlen fehlzuinterpretieren. Elektroräder wiesen nämlich keineswegs per se ein größeres Unfallrisiko auf als gewöhnliche Fahrräder. Dies belege auch eine Studie der TU Chemnitz aus dem Jahre 2014, die im Auftrag der Unfallforscher der Versicherer in Auftrag gegeben wurde.
Der Anstieg der Unfallzahlen bei E-Bikes ist nach Überzeugung des ZIV hauptsächlich auf den stetig wachsenden Bestand - zum Jahresende 2017 waren bereits über 3,5 Mio. Pedelecs auf deutschen Straßen unterwegs - sowie die intensivere Benutzung hinsichtlich zurückgelegter Distanzen und Nutzungshäufigkeit zurückzuführen. Durch die gesteigerte Kilometerleistung steigt das Unfallrisiko proportional. Auch die Durchschnittsgeschwindigkeit liege nur um rund zwei km/h höher als beim Fahrrad. Die Motorunterstützung werde hauptsächlich genutzt, um ähnliche Geschwindigkeiten wie beim Fahrrad zu erreichen, dies jedoch mit geringerem körperlichen Aufwand.
Die Aussage der Deutschen Verkehrswacht, dass das Unfallrisiko mit Pedelecs im Vergleich zu klassischen Rädern dreimal so hoch sei, ist nach Sicht des ZIV nicht belegbar und somit falsch. Generell fordert der ZIV dass das E-Bike - wenn auch mit elektrischer Unterstützung und mit Fahrassistenzsystemen – immer noch ein Fahrrad ist und auch bleiben sollte. Vielmehr sollte laut ZIV der Fokus auf den Schutz der Radfahrer im Straßenverkehr gelegt werden. 70 % Prozent der Unfälle sind nämlich eben keine „Alleinunfälle“, wie die DVW im Umkehrschluss zitiert werden könne. 



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