Bayerns Innenstädte 2025
23.07.2025, 14:12 Uhr
Innenstadtbesuch, Mobilität und Ausgabenverhalten im Überblick
Eine neue Studie zeigt, wie sich Einkaufsverhalten und Mobilitätsmuster in bayerischen Innenstädten verändern. Besonders für den Fahrradhandel ergeben sich relevante Chancen – etwa durch kaufkräftige Radfahrer und Infrastrukturverbesserungen.
Die Bayernstudie – Handelsstandort Innenstadt 2025, herausgegeben vom Handelsverband Bayern e.V. und der Günther Rid Stiftung, liefert umfassende Erkenntnisse zum Einkaufsverhalten, zur Mobilität sowie zur Nutzung und Bewertung bayerischer Innenstädte. Die Studie basiert auf 1.275 Interviews mit Bürgerinnen und Bürgern aus ganz Bayern.
Der mit Abstand häufigste Anlass für den Innenstadtbesuch ist laut Studie das Einkaufen (74,8 Prozent). Dabei wird Shopping besonders in Mittel- und Niederbayern als Hauptbesuchsgrund genannt. Die am meisten erwarteten Warengruppen in attraktiven Innenstädten sind Bekleidung, Gesundheits- und Drogerieartikel sowie Lebensmittel. Im Vergleich zur Deutschland-Studie zeigt sich eine höhere Relevanz dieser Sortimente in Bayern.
Ein zentrales Ergebnis für Händler: Kundinnen und Kunden kombinieren ihre Innenstadtbesuche häufig mit anderen Aktivitäten. 61,9 Prozent verknüpfen den Einkauf mit beruflichen Anlässen. Auch gastronomische Besuche werden häufig im Anschluss an oder vor dem Einkauf wahrgenommen. 27,8 Prozent gehen nach einem Arzttermin in der Innenstadt einkaufen.
Diese Kopplungseffekte sind insbesondere für Innenstadtgeschäfte mit Zusatzdienstleistungen von Bedeutung. Ergänzend gaben viele Befragte an, dass Veranstaltungen und Aktionen zur Attraktivität der Innenstadt beitragen. Für den Fahrradfachhandel bieten solche Formate Potenzial, um durch Probefahrten, Infostände oder Werkstattservices zusätzliche Zielgruppen anzusprechen.
Darüber hinaus zeigt die Studie, dass insbesondere jüngere Altersgruppen Innenstädte nicht nur zum Einkaufen, sondern auch für Freizeit-, Fitness- und Veranstaltungsangebote aufsuchen. Bei den 15- bis 29-Jährigen spielen sportliche Aktivitäten, Events oder Gastronomie eine deutlich stärkere Rolle als bei älteren Befragten.
Für Fahrradhersteller und -händler ergibt sich daraus die Chance, sich aktiv in das Stadtgeschehen einzubringen – etwa durch Teilnahme an Mobilitätstagen, Ausfahrten, Test-Events, Sportevents oder Kooperationen mit Fitnessanbietern. Solche Maßnahmen stärken nicht nur die Kundenbindung, sondern erhöhen auch die Sichtbarkeit der Marke vor Ort. Gleichzeitig nannten die Befragten „Veranstaltungsangebote“ als eines der wichtigsten Handlungsfelder zur Steigerung der Innenstadtattraktivität. Händler, die erlebnisorientierte Elemente in ihren Geschäftsalltag integrieren – etwa durch Workshops, Technikberatung oder geführte Touren – können hiervon profitieren.
Relevanz von Radverkehr und Mobilitätsstruktur
Für Händler aus der Fahrradbranche besonders relevant ist die Verkehrsanbindung: 30 Prozent der Befragten bewerten das Radwegenetz zum Erreichen der Innenstadt als gut oder sehr gut, 33 Prozent äußern dies über Fahrradabstellanlagen. Auch die baulich getrennten Radwege schneiden im bayerischen Vergleich besser ab als in der Deutschland-Studie. Die Schulnoten dafür liegen in Bayern bei 3,48 (Zufahrt) und 3,58 (Innenstadt). Dies deutet auf eine ausreichende, unterdurchschnittliche, aber verbesserungswürdige Qualität hin – mit positiver Tendenz im Landesvergleich
Auf die Frage, welche Mobilitätsangebote attraktive Innenstädte konkret bieten sollten, wurden besonders häufig sichere Radwege, ausreichende Fahrradabstellplätze und eine gute fußläufige Erreichbarkeit genannt. Diese Anforderungen betreffen unmittelbar die Rahmenbedingungen für stationäre Fahrradgeschäfte in zentraler Lage.
Die Nutzung des Fahrrads zum Erreichen der Innenstadt ist besonders in größeren Städten relevant. In Städten mit über 50.000 Einwohnern beträgt der Anteil der Fahrrad- und Pedelec-Nutzung rund 10 Prozent. In kleinen Städten unter 10.000 Einwohnern liegt der Wert deutlich niedriger, dort dominiert mit über 67 Prozent der Pkw.
Dennoch zählt die Radfahrerschaft zu den kaufkräftigeren Innenstadtbesuchern: Mit durchschnittlich 146 Euro pro Besuch liegen sie hinter Autofahrern (167 Euro), aber vor ÖPNV-Nutzern (137 Euro). Im Einzelhandel betragen die Ausgaben unabhängig vom Verkehrsmittel im Durchschnitt 73,41 Euro, in der Gastronomie 37,43 Euro. Für Fahrradgeschäfte bedeutet dies eine relevante Zielgruppe mit entsprechendem Umsatzpotenzial.
Ein besonders aktives Innenstadtpublikum stellen die 30- bis 39-Jährigen dar: Sie sind überdurchschnittlich häufig vor Ort und verbinden den Aufenthalt meist mit mehreren Zwecken – insbesondere Arbeit, Einkaufen und Gastronomie. Diese Altersgruppe gilt zudem als mobilitätsaffin und investitionsbereit – ein wichtiger Kundenstamm für Fahrradhändler, gerade im Bereich Urban Mobility oder E-Bikes.
Digitale Informationswege gewinnen an Bedeutung
Die Informationswege vor dem Innenstadtbesuch sind ebenfalls aufschlussreich: Während 39,1 Prozent auf persönliche Empfehlungen zurückgreifen, nutzen 28 Prozent regelmäßig Social-Media-Kanäle von Städten oder Innenstadtakteuren. Online-Bewertungen – insbesondere über Google oder Tripadvisor – sind ebenfalls ein relevanter Entscheidungsfaktor, vor allem in größeren Städten und bei jüngeren Zielgruppen.
Damit zählen digitale Kanäle heute zu den wichtigsten Kontaktpunkten für den Innenstadtbesuch. Die Bedeutung digitaler Informationsangebote ist für Händler auch mit Blick auf jüngere Zielgruppen relevant: Bei den 15- bis 19-Jährigen informieren sich 45,8 Prozent über Social Media, aber nur 16,1 Prozent über die städtische Website. Eine gute digitale Sichtbarkeit, eine gepflegte Google-Präsenz und aktuelle Online-Inhalte sind daher für den stationären Fahrradhandel entscheidende Erfolgsfaktoren.
Bewertung, Aufenthaltsgründe und Handlungsfelder
Trotz dieser digitalen Entwicklung ist die Relevanz der Innenstadt insgesamt stabil. 64,2 Prozent der Befragten zählen zu den regelmäßigen Besucherinnen und Besuchern (mindestens wöchentlich). 32,5 Prozent geben jedoch an, aktuell seltener in die Innenstadt zu gehen als vor zwei bis drei Jahren, 28,1 Prozent erwarten auch künftig seltener Besuche. Besonders in Kleinstädten ist der Rückgang deutlich spürbar.
Als häufigste Gründe gegen den Innenstadtbesuch werden mangelnde Angebotsvielfalt, zu viel Trubel in Großstädten und die Lage von Geschäften am Stadtrand genannt. Etwa 10 Prozent aller Befragten nennen den Komfort des Onlinehandels als Grund, nicht in der Innenstadt einzukaufen. Gleichzeitig wurden klare Erwartungen formuliert, was eine attraktive Innenstadt ausmacht – dazu zählen neben einem guten Handelsangebot vor allem Aufenthaltsqualität, Veranstaltungen und verkehrliche Zugänglichkeit.
Der stationäre Einzelhandel wird trotz dieser Herausforderungen gut bewertet. Vor allem qualitative Merkmale wie regionale Produkte, gute Schaufenstergestaltung und hochwertige Angebote erzielen überdurchschnittliche Noten. Auch Bio-Produkte und inhabergeführte Geschäfte schneiden deutlich besser ab als im Bundesvergleich. Die bayerischen Städte erreichen in allen Einzelhandelskategorien bessere Bewertungen als der deutsche Durchschnitt.
Im Bereich Mobilität, Verkehr und Parken sehen 43,2 Prozent der Befragten den größten Handlungsbedarf zur Steigerung der Innenstadtattraktivität. Für den Fahrradfachhandel ergibt sich daraus mittelbar die Chance, von städtischen Investitionen in Radverkehr und Infrastruktur zu profitieren – etwa durch sichere Abstellanlagen oder bessere Wegeführung.
Als besonders attraktive Innenstädte Bayerns wurden München, Regensburg und Nürnberg genannt – ein Hinweis auf gelungene Innenstadtentwicklung in größeren Städten mit gezielten Verkehrs- und Angebotsstrategien. Im deutschlandweiten Vergleich liegen München und Hamburg gleichauf an der Spitze der attraktivsten Innenstädte. Berlin folgt auf Rang drei. Damit bestätigt sich Münchens Spitzenposition auch über Bayern hinaus.
Insgesamt zeigt die Studie, dass der stationäre Handel – trotz zunehmender Konkurrenz durch den Onlinehandel – als zentraler Bestandteil der Innenstadt wahrgenommen wird. Für den Fahrradfachhandel ergeben sich daraus wichtige Anhaltspunkte zur Standortwahl, Zielgruppenansprache und zur Positionierung als Teil eines vielfältigen Innenstadterlebnisses.