Verzicht auf Auto fällt leichter 11.10.2022, 13:31 Uhr

Verändertes Mobilitätsverhalten: Fahrrad ist der große Gewinner

Laut einer repräsentativen Umfrage des Digitalverbands Bitkom haben 96 Prozent der Deutschen ihr Mobilitätsverhalten in den letzten Jahren grundsätzlich geändert. Das Fahrrad wird deutlich häufiger genutzt.
96 Prozent der Befragten haben ihr Mobilitätsverhalten geändert.
(Quelle: Bitkom)
Steigende Energiepreise, die Corona-Pandemie, das 9-Euro-Ticket und die Klimakrise verändern das Mobilitätsverhalten so stark wie nie zuvor. „In der Mobilität erleben wir eine Zeitenwende, die diesen Begriff verdient“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „Die Menschen steigen aufs Rad oder ersetzen den eigenen Wagen durch Carsharing. Mit Hilfe digitaler Technologien in der Verkehrsinfrastruktur und bei neuen Mobilitätsangeboten haben wir die Chance, jetzt die Weichen für eine nachhaltigere Mobilität zu stellen, die für die Breite der Bevölkerung verfügbar und bezahlbar ist.“

Vielfältige Gründe

96 Prozent der Befragten geben an, in den letzten Jahren ihr Mobilitätsverhalten grundlegend verändert zu haben – aus sehr unterschiedlichen Gründen. Rund die Hälfte (55 Prozent) nennt die Klimakrise als Grund, jeweils 41 Prozent das 9-Euro-Ticket sowie den gestiegenen Benzinpreis und knapp ein Drittel die Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus. 17 Prozent haben ihr Mobilitätsverhalten aufgrund des Chaos an den Flughäfen verändert, 16 Prozent wegen der häufigeren Arbeit im Homeoffice, 13 Prozent aufgrund der Unzuverlässigkeit im Bahnverkehr und sieben Prozent wegen des Wegfalls von Dienstreisen. „Klima, Corona und Kosten – aus diesen drei Gründen verändern die Menschen ihr Mobilitätsverhalten“, so Rohleder.

Das Fahrrad profitiert deutlich

Der große Gewinner der Mobilitätswende ist demnach das Fahrrad. 39 Prozent nutzen das Rad häufiger, lediglich 16 Prozent seltener. Der eigene Pkw wird von 22 Prozent häufiger genutzt, 36 Prozent lassen ihn aber öfter stehen. Ebenfalls 22 Prozent fahren häufiger Bus und Bahn im Nahverkehr, 37 Prozent aber seltener. Carsharing wird von 20 Prozent häufiger genutzt, von 14 Prozent seltener. Bike-, E-Scooter- und Moped-Sharing ist bei 14 Prozent beliebter, bei 15 Prozent weniger beliebt als früher. Die großen Verlierer sind der Schienenfernverkehr, das Taxi und das Flugzeug. Zehn Prozent fahren häufiger im Fernverkehr mit der Bahn, 35 Prozent tun dies seltener. Lediglich zwei Prozent steigen häufiger ins Taxi, 46 Prozent aber seltener. Im Flugverkehr ist das Bild noch klarer: zwei Prozent nutzen häufiger das Flugzeug 75 Prozent tun dies seltener.

Mehrheit ist mit ÖPNV unzufrieden

Mit den bestehenden Nahverkehrsangeboten ist eine Mehrheit unzufrieden. 55 Prozent sagen, sie seien sehr oder eher unzufrieden, 43 Prozent sind eher oder sehr zufrieden. Damit nimmt die Kritik am ÖPNV verglichen mit dem Vorjahr weiter zu. In Großstädten ist die Unzufriedenheit aktuell mit 44 Prozent am geringsten, in Städten mit 20.000 bis 100.000 Einwohner liegt sie bei 56 Prozent und in kleineren Orten sogar bei 62 Prozent. „Der klassische ÖPNV kommt in dünn besiedelten Regionen an seine Grenzen“, so Rohleder. „Neue Mobilitätsdienste können hier den ÖPNV ergänzen und zugleich attraktiver machen.“

Verzicht auf Auto fällt leichter

Neue Mobilitätsangebote würden vielen Menschen auch den Abschied vom eigenen Pkw erleichtern. Unter denjenigen, die ein Auto im Haushalt haben, würden 40 Prozent darauf verzichten, wenn andere Mobilitätsangebote zur Verfügung stünden, 32 Prozent, wenn die bestehenden Mobilitätsangebote günstiger wären. Rund ein Viertel könnte das eigene Auto aufgeben, falls attraktive Sharing-Angebote in der direkten Umgebung vorhanden wären, bei 14 Prozent gilt dies bei der Verfügbarkeit von On-Demand-Angeboten. 22 Prozent nennen als Voraussetzung für den Abschied vom Privat-Pkw, dass Bahnhöfe durch Sharing- oder On-Demand-Angebote erreichbar wären, für sieben Prozent käme es in Frage, wenn ihnen der Arbeitgeber ein Mobilitätsbudget anbieten würde. Verbote schrecken dagegen weniger ab. Nur zwölf Prozent würden auf das eigene Auto verzichten, falls Parken vor der Haustür teurer oder verboten würde, 9,0 Prozent, falls es ein Autoverbot in der Innenstadt gäbe. Gut ein Drittel würde unter keinen Umständen auf den Privat-Pkw verzichten wollen. Rohleder: „Ganz offenkundig lässt sich ein klimafreundlicheres Mobilitätsverhalten nicht erzwingen. Die Mobilitätswende funktioniert nur mit attraktiven Alternativen zum Privat-Pkw.“
Details zur Studie gibt es in der kommenden Ausgabe SAZbike 20/2022.



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