Subjektive Wahrnehmung 05.08.2022, 12:00 Uhr

Überholvorgänge: Sicherheit von Radfahrenden hängt von Straßentyp ab

Bei Überholvorgängen zwischen Auto und Fahrrad fühlen sich Radfahrende je nach Straßentyp unterschiedlich sicher. Eine Studie der Uni Freiburg zeigt jedoch, dass die subjektive Wahrnehmung trügt.
Neue Studie der Uni Freiburg zu Erwartungen und Realität von sicheren Überholvorgängen im Radverkehr
(Quelle: Shutterstock / Flat vectors)
Radfahrende erwarten eine höhere Sicherheit auf Straßen mit Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Stundenkilometer, auf Spiel- und Fahrradstraßen sowie auf Straßen mit Fahrradstreifen. Dürfen Autos dagegen schneller fahren und fehlt Infrastruktur für Fahrräder, erwarten Radler und Radlerinnen gefährlichere Überholsituationen. Die tatsächlichen Überholabstände der Autos widersprechen allerdings diesem subjektiven Sicherheitsgefühl: Auf Straßen mit reduzierter Geschwindigkeit oder Radstreifen werden Fahrradfahrer und Fahrradfahrerinnen genauso wenig oder sogar mit noch weniger Abstand überholt als auf anderen Straßen.

Subjektive Einschätzung täuscht

Zu diesem Ergebnis kamen Rul von Stülpnagel vom Institut für Psychologie sowie Nils Riach und Rafael Hologa vom Institut für Umweltsozialwissenschaften und Geographie der Universität Freiburg. Die Wissenschaftler zeigten dafür Radfahrenden Bilder verschiedener städtischer Straßentypen und ließen sie einschätzen, wie sicher ein Überholvorgang dort ist. Zusätzlich maßen die Forscher mit einem Sensor, der an ein Fahrrad montiert war, die tatsächlichen Überholabstände an den betreffenden Stellen. Ergebnis: Nur 30 Prozent der überholenden Autos hielten den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabstand von 1,5 Meter ein.
An den subjektiv als sicher eingeschätzten Stellen waren die Überholabstände sogar zum Teil besonders gering. „Vor allem in verkehrsberuhigten Straßen und auf Fahrradstreifen werden Radler und Radlerinnen dichter überholt, als sie das selbst erwarten“, sagt von Stülpnagel. Gründe hierfür könnten darin liegen, dass solche Straßen häufig eng seien, schmale Radstreifen aber den Eindruck erwecken, Autofahrer und Autofahrerinnen dürften den Straßenraum bis zur Begrenzungslinie nutzen, auch wenn sie dabei den Mindestabstand nicht einhalten.

Ausblick

„Unsere Ergebnisse sprechen nicht gegen Geschwindigkeitsbegrenzungen und Radstreifen“, betont von Stülpnagel. Niedrige Geschwindigkeit könne die Folgen von Unfällen verringern, Infrastruktur für Radfahrern und Radfahrerinnen mache diese sichtbarer im Straßenraum. Hierin könne auch eine Erklärung für das dort subjektiv höhere Sicherheitsgefühl der Radfahrenden liegen. Dennoch sei es wichtig zu erkennen, dass dieses häufig nicht mit den objektiv gemessenen Überholabständen übereinstimmt.
„Wann immer es geht, sollte man Radstreifen so breit bauen, dass Autos den Überholabstand von mindestens 1,5 Meter einhalten können, ohne einen Schlenker fahren zu müssen“, so Stülpnagel. Insbesondere seien positive Effekte zu erwarten, wenn Radwege baulich vom Straßenraum getrennt werden: „Unsere Studienergebnisse weisen darauf hin, dass solche baulichen Trennungen sowohl das Sicherheitsgefühl als auch die Überholabstände erhöhen können.“



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