BVZF, VSF und Changing Cities 31.05.2021, 14:21 Uhr

Drei Verbände veröffentlichen Papier zur Mobilitätsentwicklung

Der Bundesverband Zukunft Fahrrad (BVZF) stellt zusammen mit dem Verbund Service und Fahrrad (VSF) und dem Bündnis Changing Cities ein „Schulterblick“-Papier vor, das die jüngsten Entwicklungen der Mobilität erfasst und zu engagierter Fahrradförderung aufruft.
Fahrradfahren fördert die Gesundheit.
(Quelle: BVZF)
Das Papier mit dem Titel „Das Fahrrad und die Fahrradwirtschaft - stabile Standbeine für die Verkehrswende" fasst die Entwicklungen in der Fahrradbranche seit Beginn der Pandemie zusammen und formuliert daraus Handlungsanweisungen an die Politik.
Mit der Ausbreitung von Covid-19 stiegen immer mehr Deutsche auf das Fahrrad, was der Branche Rekordumsätze einbrachte. Die Verkaufszahlen stiegen um 17 Prozent, in einigen Großstädten ermittelten Zählstellen 20 bis 30 Prozent mehr Radfahrende als im Vorjahr und auch der ADFC meldete 42 Prozent mehr Tagesausflügler als 2019. Doch die Zuwächse im Fahrradverkehr kamen vermehrt aus dem ÖPNV, denn nach wie vor stiegen 41 Prozent für ihre Alltagsfahrten ins Auto. Das Bündnis aus BVZF, VSF und Changing Cities fordert deshalb, den Platz in der Stadt pro Fuß- und Radverkehr neu zu verteilen.
„Bleibt das veränderte Mobilitätsverhalten nach der Pandemie so wie es aktuell ist, wird sich das vorhandene Verkehrsproblem nochmals drastisch verschärfen, Ballungsgebiete werden im Stau untergehen“, warnt Wasilis von Rauch (Geschäftsführer BVZF).
Pop-Up-Radwege können große Wirkung haben
In Berlin und München, die mit Pop-up-Bike Lanes einige Lücken im Netz geschlossen haben, stieg der Anteil der Radfahrenden um 26 Prozent (Berlin) und um 20 Prozent (München). Köln, ohne Maßnahmen, verzeichnete nur einen Anstieg von acht Prozent. „Das zeigt, die Bereitschaft zum Radfahren ist da, bereits einfache und schnelle Maßnahmen sorgen für deutliche Zuwächse“, sagt Ragnhild Sørensen von Changing Cities e.V. „Temporäre Radwege müssen jetzt kurzfristig und ohne langwierige Verwaltungsprozesse umgesetzt werden.“ Erst wenn die Radinfrastruktur auch wirklich sicher ist, würden sich mehr Menschen im Alltag trauen, vom Pkw auf das Fahrrad umzusteigen. Laut dem Umweltbundesamt könnten in Ballungsgebieten bis zu 30 Prozent aller Pkw-Fahrten aufs Fahrrad verlagert werden.
CO2 einsparen durch das Fahrradfahren
Die Bundesregierung hat sich verpflichtet, dass 1,5 Grad-Ziel einzuhalten. Um das zu schaffen, müssen vor allem die CO2-Emissionen im Verkehr sinken. Bundesweit ist der Verkehr für ein Fünftel des CO2-Ausstoßes verantwortlich. Zwei Drittel davon verursachen Pkws. 40 Prozent aller Autofahrten sind kürzer als fünf Kilometer. Dabei koste Autofahren die Gesellschaft pro gefahrenen Kilometer 27 Cent, während Fahrradfahren einen Nutzen von rund 30 Cent pro Kilometer habe. Hier biete sich enormes Potenzial für die Einsparung von Treibhausgasemissionen. Dafür müsse der Anteil an Radfahrenden sukzessiv erhöht werden: „Die Verlagerung der Kurzstrecken vom Auto aufs Fahrrad bietet jetzt die Chance, die Klimaziele im Verkehr zu erreichen“, so Uwe Wöll (VSF). „Unsere Fahrradinfrastruktur muss dafür aber nicht nur erhalten, sondern massiv ausgebaut werden. Das gilt für Radwege, aber auch für ausreichend vorhandene und sichere Abstellanlagen.“
Fahrradfahren fördert die Gesundheit
Laut einer Studie von Professor Stefan Gössling birgt das Radfahren viele gesundheitsfördernde Aspekte. Zivilisationskrankheiten wie Übergewicht, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes Typ II beruhen auf Bewegungsmangel. Bereits täglich 30 Minuten moderate körperliche Aktivitäten wie Radfahren reichen laut WHO, um das Risiko dieser Erkrankungen erheblich zu verringern. Wer also regelmäßig auf zwei Rädern zur Arbeit oder zur Schule fährt, stärkt seinen ganzen Körper. Eine amerikanische Studie zu den Auswirkungen von Covid-19 bescheinigt zudem, dass körperlich aktive Menschen eine um mehr als die Hälfte verringerte Chance auf einen schweren Verlauf oder einen Krankenhausaufenthalt haben.
Corona verstärkt den Fahrradtrend
Für eine Veränderung der Mobilitätswirtschaft spielt das E-Bike eine zentrale Rolle. Diese wurden 2019 bereits öfter verkauft als Diesel-Pkw. Auch 2020 konnten knapp zwei Millionen Elektroräder verkauft werden. Diese Entwicklung ist auch für die nächsten Jahre zu erwarten, so Frederic Rudolph vom Wuppertal Institut: „Das E-Bike ist ein klarer Wachstumstreiber.“ Die wirtschaftliche Bedeutung der gesamten Branche wächst mit neuen Geschäftsfeldern wie dem Sharing, Leasing und der Citylogistik stetig weiter. Das schafft zusätzlich viele neue Arbeitsplätze.
„Das Fahrrad kann ein Teil der Lösung für einige unserer drängendsten Probleme sein: Es hält Menschen fit und spart dem Gesundheitssystem damit Milliarden, hilft die Klimaziele im Verkehr zu erreichen und die Branche beschäftigt zudem schon heute knapp 300.000 Menschen, allein im Handel sind rund 10.000 Jobs und Ausbildungsplätze zu vergeben, das Steigerungspotenzial ist offensichtlich. Es wird Zeit, dass die Politik entsprechend handelt. Fahrradförderung bedeutet sichere Infrastruktur und gute finanzielle Rahmenbedingungen zu setzen“, fasst Wasilis von Rauch zusammen.



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