Stellungnahme zum Vergaberecht 02.08.2023, 10:16 Uhr

Zukunft Fahrrad und RLVD fordern Vorrang für Fahr- und Lastenräder

Der Branchenverband Zukunft Fahrrad und der Radlogistikverband Deutschland (RLVD) haben eine Stellungnahme zur öffentlichen Konsultation des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz zur Transformation des Vergaberechts abgegeben.
Zukunft Fahrrad und RLVD beziehen zur Transformation des Vergaberechts Stellung.
(Quelle: Shutterstock / Maria Gerasimova)
Der Hintergrund zur Transformation des Vergaberechts: Der Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP von 2021 sieht vor, „die Beteiligungsmöglichkeiten von kleinen und mittleren Betrieben an Vergabeverfahren“ zu stärken und „die öffentliche Beschaffung und Vergabe wirtschaftlich, sozial, ökologisch und innovativ“ auszurichten. In der bisherigen öffentlichen Konsultation des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz zur Transformation des Vergaberechts wird im Aktionsfeld 1 (Stärkung der umwelt- und klimafreundlichen Beschaffung) dem Thema Mobilität nach dem Baubereich die zweitwichtigste Priorität zugeschrieben. Zudem werde das „Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetz“ häufig als Beispiel erwähnt.
Für die weiteren Beratungen zur Transformation des Vergaberechts empfehlen die Verbände nun, im Aktionsfeld 1 die folgenden Kriterien aufzunehmen:
  1. Bei der Beschaffung von Kraftfahrzeugen ist zu prüfen, ob sie durch energieeffizientere und umweltverträglichere Fahrräder, Lastenräder oder Anhänger ersetzbar sind. Hierzu ist auch eine Änderung des Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetz und der zugrunde liegenden EU Clean Vehicle Directive erforderlich, damit Flottenbetreiber Fahrräder, Lastenräder und Anhänger als „Saubere Fahrzeuge“ anrechnen können. Als Alternative zu Kauf und Leasing sollten auch Abo- und Sharing-Angebote geprüft werden.
  2. Bei der Vergabe von Aufträgen, sind regionale klein- und mittelständische Unternehmen, die ihre Fahrten anstatt mit Kraftfahrzeugen mit energieeffizienteren und stadtverträglicheren Fahrrädern, Lastenrädern und Anhängern erledigen, bevorzugt zu berücksichtigen. Zur Definition von Anforderungen können Regelungen des Blauen Engel für Lieferdienstleistungen der letzten Meile analog Anwendung finden.

Potenzial in der KEP-Branche

Zukunft Fahrrad und RLVD begründen dies damit, dass bereits 2016 die Untersuchung des Einsatzes von Fahrrädern im Wirtschaftsverkehr für das Bundesverkehrsministerium ergeben hat, dass bundesweit 22,6 Prozent der Kfz-Fahrten im Wirtschaftsverkehr auf Fahrräder, Lastenräder und Anhänger verlagert werden können. Inzwischen sei das Verlagerungspotenzial durch effizientere Modelle und neue Dienstleistungen sowie Mikrodepot-Konzepte für die urbane Logistik weitergewachsen.
Für die KEP-Branche (Kurier-, Express- und Paketdienste) zeige die RLVD-Kurzstudie zum Klimaschutzpotenzial der Radlogistik, dass eine Verlagerung von mindestens 30 Prozent der Fahrten auf Lastenräder und Anhänger möglich und nötig ist, um Klimaschutzziele in der Branche zu erreichen.

NRVK sieht Förderung vor

Zudem merken die Verbände an, dass der Nationale Radverkehrsplan 3.0, zu dessen Umsetzung sich die Bundesregierung im Koalitionsvertrag bekennt, als eines seiner Leitziele „Lasten- und Wirtschaftsverkehr nutzt das Fahrrad“ formuliert. Dazu heißt es unter anderem, dass Bund und Länder attraktive Finanzierungsmöglichkeiten und Bürgschaften zur Verfügung stellen, um gewerbliche Flottenlösungen aufzubauen und Bund, Länder und Kommunen ihre Förderprogramme und -maßnahmen für den Kauf von Lastenrädern ausbauen. Zudem ist darin verankert, dass Behörden und öffentliche Unternehmen Transportfahrten nach Möglichkeit vermehrt als Lasten-/Fahrradfahrten ausschreiben und die Nutzung des Fahrrads für Dienstfahrten mit Anreizmodellen fördern, Dienstradflotten anschaffen und verstärkt Lastenrad-Sharing-Angebote nutzen.
Somit sei die Förderung von Fahrrädern, Lastenrädern und Anhängern im Wirtschaftsverkehr bereits erklärtes Ziel der Bundesregierung. Dieses Ziel sollte deswegen auch bei der Transformation des Vergaberechts verfolgt werden. Die Fahrradbranche und die junge Radlogistikbranche in Deutschland sind zudem von kleinen und mittleren Unternehmen geprägt. Die Stärkung von deren Beteiligungsmöglichkeiten an Vergabeverfahren ist erklärtes Ziel der Bundesregierung bei der Transformation des Vergaberechts, so Zukunft Fahrrad und RLVD.

Rückenwind aus der EU

Am 23. Juli wurde die EU-Novelle der Energieeffizienz-Richtlinie angenommen. Sie soll zum Erreichen der verschärften EU-Klimaschutzziele bis 2030 beitragen und enthält folgende Empfehlung, die Zukunft Fahrrad und RLVD mit Bezug auf ihre Stellungnahme hervorheben: „Die Mitgliedstaaten sollten energieeffiziente Mobilitätsformen fördern, auch in ihrer öffentlichen Beschaffungspraxis, wie Bahn, Fahrrad, zu Fuß gehen oder geteilte Mobilität, indem sie Flotten erneuern und dekarbonisieren, eine Verlagerung auf andere Verkehrsträger fördern und diese Verkehrsträger in die städtische Mobilitätsplanung einbeziehen.“



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