Neue Studie
06.10.2025, 09:00 Uhr
Fahrrad- und Scooter-Sharing verändert Mobilität in Belgien
Zum ersten Mal haben acht Sharing-Anbieter gemeinsam mit Way To Go und der Universität Antwerpen 4.100 Nutzerinnen und Nutzer befragt. Ergebnis: Wer Leihfahrräder oder -scooter nutzt, fährt weniger Auto, läuft häufiger und kombiniert öfter mit Bus und Bahn.
Eine Studie der Universität Antwerpen zeigt: Sharing-Angebote stärken nachhaltige Mobilität.
(Quelle: Leva-EU)
Im Mai 2025 führten die Universität Antwerpen, die Organisation Way To Go und acht Anbieter von Leihfahrrädern und -scootern eine gemeinsame Nutzerbefragung durch. Mit 4.100 Teilnehmenden und einer Fehlermarge von plus/minus 1,5 Prozent (Fahrrad) bzw. plus/minus 3,4 Prozent (Scooter) liefert sie erstmals eine robuste Datenbasis über die strukturellen Effekte von Mikromobilität in Belgien. Die Ergebnisse wurden auch von Leva-EU, dem europäischen Verband der Leichtfahrzeugindustrie, veröffentlich
Mehr öffentlicher Verkehr, mehr Fußwege
Die Befragung zeigt: Nutzerinnen und Nutzer von Sharing-Angeboten fahren nachhaltiger als die Durchschnittsbevölkerung. 29 Prozent der Radnutzenden und 41 Prozent der Scooter-Fahrenden nutzen wöchentlich Bus, Tram oder Metro, gegenüber elf Prozent der Gesamtbevölkerung. Auch der Zug wird öfter gewählt (29 bzw. 28 Prozent gegenüber acht Prozent). Zu Fuß gehen 87 Prozent der Rad- und 86 Prozent der Scooter-Nutzenden, verglichen mit 76 Prozent der übrigen Bevölkerung.
Nutzungsmotive
Gründe für die Wahl von Leihfahrrädern sind vielfältig. Häufig genannt werden die bessere Flexibilität im Vergleich zum eigenen Rad, Zeitersparnis oder die Möglichkeit, sicher nach Hause zu kommen, wenn kein öffentlicher Verkehr mehr fährt. Auch Nachhaltigkeitsaspekte und die Vermeidung von Diebstahl der eigenen Räder spielen eine Rolle. Bei Scootern ähneln die Motive, hinzu kommen Kostenüberlegungen und der Einsatz als klassische „Last-Mile“-Lösung.
Weniger private Fahrzeuge
Die Befragung belegt auch, dass Sharing-Angebote Besitzstrukturen verändern. 43 Prozent der Befragten haben kein Auto (Vlaamse Bevölkerung: 19 Prozent), nur 65 Prozent besitzen ein Fahrrad (gegenüber 80 Prozent). Sechs Prozent gaben im Jahr vor der Befragung ihr Auto ab, fünf Prozent ihre private Fahrradflotte. Besonders deutlich: Knapp die Hälfte derjenigen, die ihr Rad aufgaben, begründete dies mit der Nutzung von Leihfahrrädern.
Unterschiedliche Nutzergruppen
Die Nutzergruppen unterscheiden sich deutlich. Rad-Sharing wird vor allem von älteren, hochgebildeten Menschen (durchschnittlich 41 Jahre alt) genutzt, die oft in kleineren Haushalten leben. Bei Scootern liegt das Durchschnittsalter bei 33 Jahren. Zwei Drittel der Nutzer sind männlich, sie wohnen häufiger noch bei Eltern oder in Wohngemeinschaften und haben seltener einen Führerschein.
Wirkung auf den Autoverkehr
Kritikerinnen und Kritiker weisen oft darauf hin, dass Sharing-Dienste Wege zu Fuß oder mit Bus und Bahn ersetzen. Die Studie bestätigt, dass dies teilweise zutrifft: 45 Prozent der Befragten hätten ohne Sharing Bus oder Bahn gewählt, 52 Prozent wären gelaufen. Gleichzeitig zeigen die Zahlen, dass auch Autofahrten ersetzt werden: 17 Prozent der Rad-Sharing-Nutzenden und elf Prozent der Scooter-Fahrenden hätten ohne das Angebot das Auto genommen. „Mikromobilität ersetzt teils aktive Mobilität, aber in erheblichem Maß auch Autofahrten. Der Nettoeffekt ist positiv für nachhaltige Mobilität“, betont Jeffrey Matthijs, Direktor von Way To Go.
Die Untersuchung macht deutlich, dass geteilte Fahrräder und Scooter nicht nur eine praktische Ergänzung sind, sondern zu einer strukturellen Säule der Mobilität in Belgien geworden sind. Vor allem in schlecht angebundenen Zeiten und Regionen schließen sie Lücken und verstärken den öffentlichen Verkehr.