Nationaler Radverkehrskongress 27.04.2021, 13:45 Uhr

Andreas Scheuer: „Deutschland wird zum Fahrradland“

Der Nationale Radverkehrskongress in Hamburg hat am 27. April begonnen. Der Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer versprach in seiner Eröffnungsrede: „Deutschland wird zum Fahrradland“.
Andreas Scheuer eröffnete den Nationalen Radverkehrskongress in Hamburg.
(Quelle: Screenshot)
Scheuer griff die wichtigsten Punkte aus dem Nationalen Radverkehrsplan 3.0 auf. Die erste Priorität liege dabei auf höherer Verkehrssicherheit, die zweite Priorität auf lückenloser Infrastruktur. Scheuer betonte, dass auch Autofahrer vom sicheren Radverkehr profitieren, weil durch getrennte Radwege Konflikte gelöst werden. Mit 30 Euro pro Person und Jahr soll die Förderung des Radverkehrs durch das Bundesministerium verdoppelt werden, und die Anzahl der Radwege pro Jahr erhöht sowie die durchschnittliche Weglänge gesteigert werden. Auf den Radverkehrsanteil ging Scheuer nicht ein, dieser auch als ,Modal Split' bekannte Anteil bleibt bei elf Prozent, hatten die Moderatoren vorab erklärt. 
Im begleitenden Chat diskutierten zahlreiche Politiker und Experten verschiedener Branchen mit. Sie kritisierten, dass Scheuer in seiner Rede zu wenig zur Neuverteilung des städtischen Raums verlieren würde. Scheuer hatte zwar gesagt, dass mehr Platz für den Radverkehr nötig sei. Dies reichte den Zuhörern jedoch nicht. Diese Umverteilung war bereits im Vorfeld als zentraler Punkt der Verkehrswende diskutiert worden.
Darum griff Scheuer das Thema in einer anschließenden Gesprächsrunde vorsichtig wieder auf: Dort sagte er zwar nicht direkt, dass Parkplätze zu Fahrradwegen umgebaut werden müssen. Er ließ aber durchblicken, dass er das Platzproblem verstanden hat: Wie verteilen wir den öffentlichen Raum schlauer als jetzt?, so seine Frage. 
Die Notwendigkeit von Konfliktlösungen zwischen Autofahrern und Radfahrern griff er abermals im anschließenden Pressegespräch auf. Auf die Frage, in welchem Maß man Autofahrern Platzanteile wegnehmen kann ließ Scheuer verlauten, dass man in mehreren Städten wie Hamburg oder Münster durch Dialog und Kompromisse zu einer Lösung kam. Wenn auf größeren Straßen mal kein Radweg möglich ist, könne man eine Fahrradstraße etwa in einer Parallelstraße anlegen. Abgesehen von diesen kommunalen Entscheidungen nannte Scheuer keine Maßnahmen seines Bundesministeriums zur Umverteilung von Raum. Zurückhaltend äußerte er sich in dem Gespräch außerdem zu einer allgemeinen Freigabe von S-Pedelecs auf Radwegen: Der Geschwindigkeitsunterschied zu anderen Radfahrern, etwa Kindern, sei hoch, hieß es lediglich.   
Dass die Neuverteilung Voraussetzung ist, um Deutschland zum Fahrradland zu machen, daran herrschte im begleitenden Chat der Zuschauer kein Zweifel: Prof. Dr. Heiner Monheim, ein Geograph, Stadtplaner und Verkehrsexperte mit hohem Ansehen in der Fahrradszene, forderte: „Ohne deutlich weniger Autos kann man den nötigen Platz für Fuß- und Radverkehr und die vielen nötigen Straßenbäume nicht schaffen. Verkehrswende bedeutet klare Prioritäten, und nicht ,Wischiwaschi alle kriegen was, auch die, die 70 Jahre lang völlig priorisiert wurden‘. Fahrradstraßen gibt es viel zu wenige und sie werden ohne System und ohne Netzwirkung isoliert und mehr zufällig beschildert.“ 
Weitere Teilnehmer schlugen im Online-Chat vor, dass das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit ermöglichen sollte oder wenigstens die Einrichtung von Tempo 30-Zonen erleichtern könnte. Auch ein Überholverbot in Tempo 30-Zonen wurde online diskutiert. Prof. Dr. Henrike Rau, verantwortlich für die Studie Radaktiv, forderte eine umfangreiche Fahrradbildung in Schulen. So sollen auch in Zukunft mehr Menschen aufs Rad steigen. Rund die Hälfte der deutschen Bevölkerung fahre höchstens einmal im Monat oder gar nicht mit dem Rad, zählen also als Nichtradfahrer, so Rau.



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