ITS Weltkongress in Hamburg 18.10.2021, 11:00 Uhr

Warum der Radverkehr sich besser vernetzen muss

Der vernetzte Verkehr wird immer wichtiger, Radfahrende spielen darin allerdings noch kaum eine Rolle. Auf dem ITS Weltkongress zur Zukunftsmobilität in Hamburg präsentierten deutsche Konzerne ihre Ideen für sicheren und smarten Radverkehr.
Symbolbild
(Quelle: Pixabay)
Ein Projekt, das in Hamburg gerade durchgeführt wird, ist eine rund neun Kilometer lange Teststrecke zwischen der Hafencity und den Messehallen. Hier können sich Radfahrende mit einer App anzeigen lassen, wie schnell sie fahren müssen, um die nächste Ampel bei Grün zu erreichen. Die App kann E-Scooter-Fahrern und Radlerinnen außerdem eine grüne Welle freischalten. So will man in einem ersten Schritt das Fahrrad in den vernetzten Verkehr integrieren, was aktuell noch kaum passiert. Während in den kommenden Jahren etwa 80 Prozent der Autos Fahrdaten liefern werden, sei das nur für rund zwei Prozent der Fahrräder zu erwarten, sagte auf dem ITS Weltkongress der Datenanalyst Jørgen Wanscher von Hermes Traffic Intelligence aus Dänemark.
Derzeit ist die App für rund 40 Ampeln auf dem Testfeld verfügbar, in Zukunft sollen es allein in Hamburg allerdings mehr als 1400 Ampeln sein, wie Peter Christ vom App-Entwickler T-Systems erklärt. Konkret sollen bis Ende des Jahres rund hundert Ampeln mit der neuen Technik ausgerüstet werden.
Sicherheit durch smarte Technik
Mit app-basierten Funktionen wie der grünen Welle soll aber nicht nur der Verkehrsfluss individuell angepasst und verbessert werden, sondern die umfassendere Datenlage kann auch für mehr Sicherheit im Straßenverkehr sorgen. In 75 Prozent der Unfälle seien immer noch die Autofahrenden schuld, wie Henning David vom Hamburger Landesbetrieb für Straßen, Brücken und Gewässer erklärt. Smarte Technologie soll nun dazu beitragen, dass Radfahrende nicht mehr so oft übersehen werden. In der GLOSA-App der Telekom (die Abkürzung steht für: „Green Light Optimal Speed Advisory“) ist deshalb auch ein Programm für Kollisionswarnungen von Continental integriert.
Die App des Technologieentwicklers Continental verbindet die Daten von gefährdeten Verkehrsteilnehmenden wie Radfahrerinnen und Fußgängern mit den Fahrzeugdaten von Autos in einem gemeinsamen Cloudcomputer. Die Daten zur GPS-Position und Geschwindigkeit der einzelnen Verkehrsteilnehmenden kommen dabei aus dem Mobilfunk und aus lokalen Netzen. Bei einer drohenden Kollision werden alle über das Smartphone oder den Bordcomputer entsprechend gewarnt. Continental will so auch einen Beitrag zur „Vision Zero“, also null Verkehrstote, beitragen.
Herausforderung bei der Datenerhebung
Doch die Erfassung der Daten und die entsprechende Auswertung ist komplex. Voraussetzung ist die Einbindung der Programme für smarte Ampelschaltungen und Kollisionswarnsysteme in populäre Navigations-Apps wie Google Maps oder Apple Maps. Dabei dürfen die Programme aber die Batterie der Handys und das Datenvolumen der Nutzenden nicht zu sehr belasten. Auch müssen die Warnungen verhältnismäßig und korrekt erfolgen, da sie sonst ignoriert werden. 
Dafür braucht es vor allem eine genaue Positionsbestimmung des Fußgängers oder der Radfahrerinnen. Diese wechseln jedoch oft spontan die Spur, biegen unerwartet ein beziehungsweise ab oder fahren außerhalb der ausgeschriebenen Wege. Auch die Position des Smartphones, das die Daten vermitteln soll, ist für sensible Systeme wie das Kollisionswarnsystem oder die angepasste Ampelschaltung relevant. Es macht dabei einen Unterschied, ob das Smartphone während der Fahrt in der Brusttasche, in der Hose oder am Lenker platziert ist. Ilja Radusch vom Berliner Forschungsinstitut Fraunhofer Fokus zieht es deshalb langfristig vor, wenn das Fahrrad selbst Positionsdaten sendet: „Bei E-Bikes, die über Strom und Bordcomputer verfügen und regelmäßig geladen werden, ist das nun möglich.“ 
Wie das gehen kann, hat Bosch dieses Jahr vorgemacht. Das Unternehmen entwickelte sogenannte Connected Bikes bei denen der Bordcomputer anhand der Stellung des Fahrrads und von Bremsmanövern auch den voraussichtlichen Fahrweg berechnet. Der Fahrende erhält dann bei einer möglichen Kollision entsprechend eine Warnung. So soll an Kreuzungen insbesondere vor Autos gewarnt werden. Umso mehr Fahrräder in den vernetzten Verkehr integriert werden können, umso besser ist die Datenlage im Gesamtverkehr. Auch für neue Technologien wie dem autonomen Fahren könnten so präzisere Voraussagen getroffen werden und Brems- beziehungsweise Beschleunigungsberechnungen verbessert werden.



Das könnte Sie auch interessieren