Ideen für autofreie Straße 05.05.2022, 13:30 Uhr

Berlin: Das plant die Stadt für die Friedrichstraße

Nachdem im August 2020 die Berliner Friedrichstraße für den Autoverkehr gesperrt wurde, zieht die Senatsverwaltung ein Fazit. An einigen Stellen soll es Nachbesserung geben, insgesamt zeigt man sich aber zufrieden.
Friedrichsstraße in Berlin
(Quelle: Shutterstock / Axel Fischer)
Positiv sei zu bewerten, dass die Anzahl der Passanten und Passantinnen im für den Autoverkehr gesperrten Teilbereich während der Sommermonate 2021 im Vergleich zur Zeit vor Beginn des Versuchs im August 2020 um rund 50 bis 60 Prozent anstieg. Das steht konträr zu den Befürchtungen von Einzelhändlern und -händlerinnen, dass ein Verbot von Autos zu weniger Besuchern und Besucherinnen führt. 
„Insgesamt fallen viele Ergebnisse positiv aus, aber es gibt einen deutlichen Nachbesserungsbedarf“, bilanzierte Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) bei der Vorstellung der Ergebnisse des Projekts und des Verkehrskonzepts am 2. Mai. Für die Gestaltung der Friedrichstraße soll nun ein Wettbewerb stattfinden, bei dem sowohl Anwohnende als auch Verbände einbezogen werden. Darin zieht sich ein Springbrunnen zentral durch den Straßenzug. Am Rand der künftig bordsteinfreien Fläche stehen Bänke. Bäume und Blumenbeete säumen die Straße.

Nachbesserungsbedarf bei der Straßengestaltung

Als ein Kritikpunkt kristallisierte sich die Wegeführung für Radfahrende heraus. Diese konnten im Projektzeitraum auf einer in der Mitte der Straße verlaufenden Fahrradstrecke fahren. Doch das hielt Fußgänger davon ab, die Straße zu kreuzen. Der Radverkehr soll deshalb zukünftig in der parallel laufenden Charlottenstraße Platz finden. Die Verbindung wird dazu zu einer Fahrradstraße umgebaut. Deren Einrichtung wolle der zuständige Bezirk Mitte laut Verkehrsverwaltung zeitlich priorisieren, denn auch die aktuell vorherrschenden Baustellenbaken und gelben Fahrbahnmarkierungen in der Friedrichsstraße wurden als unattraktiv bemängelt. 
Die Verlagerung des Autoverkehrs habe für die Nebenstraßen negative Folgen, denn dorthin habe sich der Verkehr in Teilen verlagert. Insbesondere in der Charlottenstraße hat sich die Belastung massiv erhöht, denn dort stieg die Anzahl der Pkws auf das Doppelte an. Um den Verkehr in der Charlottenstraße zu beruhigen, sollen die Taxistände in der Jäger- und Mohrenstraße in die Französische Straße und Markgrafenstraße verlegt werden. 

Das soll sich ändern

Am 2. Mai präsentierte die Verkehrsverwaltung bereits ein neues Konzept für die Straße. Dieses sieht vor, dass Autos hauptsächlich über die Glinka- und Mauerstraße sowie die Wilhelmstraße gelenkt werden. Statt wie zuletzt durch die Charlottenstraße sollen auch die Nachtbuslinie N6 sowie Schienenersatzverkehre künftig die Glinka- und Mauerstraße nutzen. Entlang der Strecke sollen extra Bussparen entstehen, damit diese nicht mit dem Autoverkehr konkurrieren müssen. Das Konzept nenne außerdem begleitende Maßnahmen, wie die Lenkung des Parksuchverkehrs. Dieser soll künftig gezielter auf die vor Ort bestehenden Tiefgaragen gesteuert werden.
Damit reagiere man auch auf die zahlreiche Kritik an dem Projekt. „Charlottenstraße als Fahrradstraße, Friedrichstraße als Fußgängerzone - damit wären zwei der ohnehin wenigen Nord-Süd-Verbindungen in Mitte für Autos unpassierbar“, kritisierte beispielsweise der AfD-Verkehrspolitiker Harald Laatsch. So werde seiner Meinung nach der Verkehrsinfarkt mutwillig herbeigeführt. Auch der FDP-Verkehrspolitiker Felix Reifschneider wünscht sich eine übergreifendes Konzept: „Nötig ist ein Verkehrskonzept für Berlin-Mitte, das den lokalen und überörtlichen Verkehr sowie den Wirtschaftsverkehr berücksichtigt.“ Er schlägt vor, die Charlotten- und Glinkastraße in gegenläufige Einbahnstraßen zu verwandeln, die Durchfahrt an der britischen Botschaft in der Wilhelmstraße zu öffnen und verbindliche Zeitfenster für den Lieferverkehr festzulegen.
Die Grünen befürworten die Pläne von Verkehrssenatorin Jarasch. „Die Friedrichstraße bleibt dauerhaft autofrei. Gut so“, erklärten die Landesvorsitzenden Susanne Mertens und Philmon Ghirmai. Jarasch führe eine sach- und bürgerorientierte Politik fort, „statt den lauten Stimmen zu folgen, die die Autostadt konservieren wollen“. Für das Projekt spricht dabei auch, dass sich der Verkehr nicht wie befürchtet nur auf die Nebenstraßen verlagert hat. Vielmehr umfahren Autofahrer die historische Mitte nun großräumiger.



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