Dreijähriges Forschungsprojekt 27.07.2021, 11:11 Uhr

AGFK Bayern zieht positive Bilanz zu Modellprojekten für den Radverkehr

Um Maßnahmen zur Sicherung des Radverkehrs zu erweitern, hat die Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommunen in Bayern (AGFK Bayern) mit der Technischen Hochschule Nürnberg im Zeitraum von 2018 bis 2021 ein Forschungsprojekt durchgeführt. Die Bilanz ist positiv.
Symbolbild
(Quelle: AGFK Bayern / Daniela Ullman)
Das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr unterstützt das Vorhaben finanziell und beratend. Die Ergebnisse wurden am 22. Juli im Rahmen einer Videokonferenz vorgestellt und mit den beteiligten Kommunen sowie Vertretern des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr und des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration diskutiert.
Hintergrund und Ziele der Modellprojekte
In vielen bayerischen Kommunen besteht aufgrund enger Platzverhältnisse keine eigene Infrastruktur für den Radverkehr. Daher standen solche Hauptverkehrsstraßen im Fokus der Modellprojekte, für die nach den aktuellen Regelwerken keine Radverkehrsanlagen angelegt werden können und der Radverkehr deshalb im Mischverkehr auf der Fahrbahn geführt wird.
Die Modellprojekte hatten zum Ziel, Maßnahmen zu evaluieren, die teilweise über die aktuell bestehenden Regelungen hinausgehen und Fahrradfreundlichkeit sowie Verkehrssicherheit in den Kommunen erweitern könnten. An dem Projekt nahmen 13 bayerische Kommunen mit 16 Streckenabschnitten teil. Es wurden Fahrradpiktogramme auf der Fahrbahn, Kennzeichnung von Radwegen ohne Benutzungspflicht, einseitige Schutzstreifen innerorts und Tempo-30 in Hauptverkehrsstraßen untersucht, um Empfehlungen zu Einsatzkriterien der jeweiligen Maßnahme oder Ausschlusskriterien herauszuarbeiten.
Markierung einseitiger Schutzstreifen zeigt höchste Wirksamkeit
Insbesondere Einrichtungsradwege und einseitige Schutzstreifen auf der gegenüberliegenden Straßenseite zeigten eine hohe Wirksamkeit: Die Markierung der Schutzstreifen führte tendenziell zu niedrigeren Geschwindigkeiten der Autos beim Überholen, ebenso wurde die subjektive Sicherheit der Befragten als deutlich verbessert eingestuft.
Auch Fahrradpiktogramme auf der Fahrbahn hatte eine positive Wirkung auf das Verkehrsverhalten. So konnte festgestellt werden, dass Autos dadurch langsamer fuhren. Auch die objektive und subjektive Sicherheit sind gestiegen.
Der Vorsitzende der AGFK Bayern, Landrat Matthias Dießl, zeigt sich über die Ergebnisse erfreut: „Mit den Modellprojekten haben wir die Themen ‚einseitiger Schutzstreifen‘ und ‚Fahrradpiktogramme auf der Fahrbahn‘ auf einen guten Weg gebracht. Bislang waren diese Lösungen in Bayern nicht möglich. In Abstimmung mit den Ministerien konnte die AGFK Bayern jedoch erreichen, dass diese Maßnahmen voraussichtlich auch in Bayern umgesetzt werden können.“
Zahlreiche Studien belegen bereits, dass sich Tempo-30 positiv auf die Lärm- und Emissionsminderung auswirkt und das Tötungsrisiko bei Kollisionen geringer ausfällt. Im Rahmen des Modellprojekts wurde festgestellt, dass sich durch Tempo-30 auch das subjektive Sicherheitsempfinden der Radfahrenden steigert. Ein Großteil der Befragten gab zudem an, dass sich das Verhalten der Autofahrer verbessert hat. Auf die Flächenwahl der Radfahrenden hatte Tempo-30 jedoch nur sehr geringe Auswirkungen. „Tempo 30 an Hauptverkehrsstraßen werden wir – insbesondere auch mit Blick auf die subjektive Sicherheit des Radverkehrs – weiterhin verfolgen. Hierbei soll an die Beschlussfassung im Bundestag angeknüpft werden, denn mit dem Ziel ‚Vision Zero‘ soll den Kommunen durch gesetzliche Änderungen die Anordnung von Tempo-30 auf einzelnen Straßen erleichtert werden“, so Matthias Dießl.
Bei der Kennzeichnung von Radwegen ohne Benutzungspflicht wurde die Beschilderung in Kombination mit Piktogrammen wesentlich stärker wahrgenommen als die bloße Beschilderung. Insgesamt konnte jedoch nur ein geringer Einfluss auf das Verkehrsverhalten belegt werden.
Insgesamt hält das Forschungsprojekt zudem fest, dass der Seitenabstand beim Überholen kaum eingehalten wird. Kraftfahrer, die Radfahrende überholen, müssen gemäß Straßenverkehrsordnung (StVO) innerorts einen Abstand von mindestens 1,5 Metern und außerorts von 2 Metern einhalten. Die Überholabstände betrugen bei Tempo-30 durchschnittlich 1,29 Meter und bei Tempo-50 durchschnittlich 1,43 Meter.
Matthias Dießl zieht bei der Vorstellung der Ergebnisse eine positive Bilanz: „Die Ergebnisse der Modellprojekte zeigen, dass die unterschiedlichen Maßnahmen unter bestimmten Voraussetzungen eine sichere Lösung darstellen und das bisherige Repertoire ergänzen können. Die Kommunen brauchen mehr Handlungsspielraum, um den Radverkehr sicherer zu gestalten. Unsere Aufgabe ist es weiterhin, an Bund und Land heranzutreten, um eine weitergehende Änderung der StVO zu bewirken.“



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