Hat Local Commerce eine Chance?

Das neue Ziel: Marketing statt Umsatz

Sind lokale Marktplätze also zum Scheitern verurteilt? Auch nach Jahren voller Kritik vor allem aus der Online-Branche wollen die Befürworter ihre Idee noch nicht begraben – aber eventuell neu deuten. „Selbstverständlich hat Local Commerce eine Chance, wenn es mit Nachdruck von den Händlern ergriffen wird", ist Roman Heimbold überzeugt, Geschäftsführer der Markplatzplattform Atalanda, auf der die meisten der aktuell aktiven Local-Commerce-Initiativen laufen. „Lokale Marktplätze sind kein Wundermittel, helfen aber dem Endkunden, sich online zu orientieren. Um Effekte als Teilnehmer zu erzielen, ist es allerdings notwendig, dem Kunden einen echten Mehrwert zu bieten." Und dieser Mehrwert, so Heimbold, muss gar nicht unbedingt in einem tatsächlichen Shopping-Angebot bestehen. Auch Service und Informationen gehörten zum Marketing-Konzept Local Commerce.
So wie beispielsweise in Coburg, wie ein Blick in den kürzlich veröffentlichten Abschlussbericht der Bayerischen Regierung zum „Modellprojekt Digitale Einkaufsstadt" zeigt, mit dem seit 2015 lokale Initiativen in Coburg, Günzburg und Pfaffenhofen gefördert wurden. Die 41.000-Einwohner-Stadt hat mithilfe der Förderung eine Mischung aus Lokalnachrichten-Content-Plattform und digitalem Schaufenster für 53 örtliche Unternehmer geschaffen. Auf die Integra­tion eines Shopsystems auf „Gocoburg" wurde dagegen fürs Erste verzichtet – zu kompliziert, so die Macher. Stattdessen gönnte man sich lieber eine mobile App und eine groß angelegte Marketing-Kampagne.
Das brachte Reichweite: Innerhalb eines knappen Jahres konnten 45.000 Unique User auf Gocoburg gelockt werden – vor Start des Projekts hatten lediglich 13.000 Unique User den Internet-Auftritt der Stadt besucht. Für die Zukunft sind eine Whatsapp-Beratung und ein Alexa-Skill geplant; das Shopsystem steht weiter unten auf der To-do-Liste. Das freut die Händler. „Gerade ein Online-Schaufenster wie Gocoburg eignet sich gut für eine eher emotionale Kundenansprache", meint der Coburger Buchhändler Martin Vögele von der Buchhandlung Riemann. „Der Kundenstrom, der nach einer Online-Suche unser ­Geschäft aufsucht, um hier vor Ort Bücher zu kaufen, ist von sehr viel größerer Bedeutung als ­unser eigener Online Shop."
Mehr zum Thema „Local Commerce" gibt es auf dem Internet World Congress am 10. Oktober im Vortrag „Local Commerce – Dichtung oder Wahrheit" von Gerrit Heinemann.



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