Panel auf der Eurobike
26.06.2025, 16:02 Uhr
Emotional, effizient, praktisch: So gelingt Marketing für Cargobikes
Wie lassen sich Cargobikes in einer autozentrierten Gesellschaft erfolgreich vermarkten? Ein Talk auf der Eurobike 2025 zeigt, dass es um mehr geht als Technik – nämlich um Emotion, Alltagstauglichkeit und gesellschaftlichen Wandel.
Riese & Müller ist für hochwertige Cargobikes bekannt. Unternehmenssprecher Jörg Matheis forderte eine stärkere politische und gesellschaftliche Unterstützung für die Verkehrswende.
(Quelle: Riese & Müller)
Wie es gelingt, Lastenräder in einer wirtschaftlich angespannten und politisch sensiblen Zeit erfolgreich zu vermarkten, war die zentrale Frage eines Diskussionspanels im Rahmen der Cargo Academy auf der Eurobike 2025. Unter dem Titel „Vermarktungsstrategien“ diskutierten Branchenexperten über neue Wege, das Potenzial von Cargobikes sichtbarer zu machen – emotional, praktisch und politisch wirksam.
Mit dabei waren Jörg Matheis (Riese & Müller), Eileen Niehaus (Cargobike.jetzt), Tilman Sander (Radelbande) sowie Mareike Schodder (Zukunft Fahrrad) als Moderatorin.
Emotionale Bindung statt technischer Hürde
Tilman Sander, Chef des Lübecker Fahrradblogs Radelbande, betonte die emotionale Dimension des Lastenradfahrens: „Wenn du Lastenrad fährst, spürst du, was es heißt, an der frischen Luft zu sein. Außerhalb des Autokäfigs. Es ist sehr emotional. Beim Radeln kann man nicht weinen, heißt es ja auch.“
Gleichzeitig räumte er ein, dass der Umstieg vom Auto auf das Rad für viele eine Herausforderung sei – nicht zuletzt wegen Komforteinbußen: „Der Wechsel von belüfteten Massagesitzen im Auto hin zu Schaltungen, die man permanent einstellen, und Reifen, die man aufpumpen muss, ist für viele hart.“
Sander plädierte dafür, die Vorteile des Radfahrens sichtbar zu machen: „Die Leute müssen mit eigenen Augen sehen, dass Radfahren Zeit und Geld spart.“ Die Idee eines autofreien Lebens sei für viele Deutsche noch immer „verrückt“ – doch genau hier müsse Kommunikation ansetzen.
Perspektivwechsel im Marketing
Jörg Matheis, Pressesprecher bei Riese & Müller, sieht die Notwendigkeit eines grundlegenden Perspektivwechsels: „Wir müssen das Mindset darüber, was Fahrradfahren heißt, verändern.“ Es gehe darum, das autozentrierte Denken zu hinterfragen. „Wenn ein Auto in ein Lastenrad rast, ist nicht das Lastenrad zu unsicher, sondern das Auto zu gefährlich.“
Matheis forderte eine Kommunikation, die nicht nur technische Daten, sondern auch Lebensqualität vermittelt.
Geschichten erzählen, Vielfalt zeigen
Eileen Niehaus, Geschäftsführerin der Verkehrswende-Agentur Cargobike.jetzt, betonte die Bedeutung von Storytelling: „We have to tell stories about practicality and fun.“
Es gehe darum, die Alltagstauglichkeit und den Spaß am Lastenradfahren zu vermitteln. „Wir müssen auf der Straße mit den verschiedensten Rädern präsent sein, die zeigen, dass es für fast jeden das richtige Lastenrad gibt.“
Niehaus sieht in der Vielfalt der Modelle – vom kompakten Stadtflitzer bis zum robusten Familienrad – einen Schlüssel zur erfolgreichen Vermarktung. Ziel sei es, Autofahrten nicht nur zu ersetzen, sondern neue Mobilitätsgewohnheiten zu etablieren.
Markt mit Zukunft
Der globale Markt für Cargobikes wächst. Laut Prognosen wird der Umsatz bis 2030 auf über zehn Milliarden US-Dollar steigen. In Europa treiben Förderprogramme, städtische Infrastrukturmaßnahmen und ein wachsendes Umweltbewusstsein die Entwicklung voran. Doch der Erfolg hängt nicht nur von Technik und Politik ab – sondern auch davon, wie überzeugend die Branche ihre Botschaft vermittelt.
Der Talk auf der Eurobike machte deutlich: Cargobikes sind mehr als ein Produkt – sie sind wichtiger Baustein der Verkehrswende. Wer sie erfolgreich vermarkten will, muss Emotion, Alltagstauglichkeit und Systemkritik gekonnt kombinieren.