Repräsentative Umfrage 26.01.2023, 11:29 Uhr

ADAC: Mehrheit der Bevölkerung gegen Tempo 30 innerorts

50 km/h soll innerorts die Regel, Tempo 30 die Ausnahme bleiben – das wünscht sich nach Angaben des ADAC eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung.
Der ADAC behauptet, dass die Mehrheit der Deutschen kein Tempo 30 will.
(Quelle: Shutterstock / Rolf G Wackenwerk)
Eine repräsentative bundesweite Umfrage des Automobilclubs ADAC zum Verkehrswandel unter 2.000 Personen ab 17 Jahren vom Oktober/November 2022 zeigt: Die Bevölkerungsmehrheit möchte die bisherige Regelung zum Tempolimit innerorts beibehalten.

Keine Mehrheit für Tempo 30 als Regel

Die Meinungsforscher wollten wissen, welche Regelung zum generellen Tempolimit innerhalb von geschlossenen Ortschaften bevorzugt wird. Zwei Drittel aller Befragten möchten beim Tempolimit innerorts von 50 Stundenkilometern bleiben. In Ausnahmefällen, zum Beispiel in Wohngebieten, vor Schulen oder Altenheimen, solle ein niedrigeres Tempolimit möglich sein. Weniger als ein Drittel bevorzugte 30 Kilometern pro Stunde als generelles innerörtliches Tempolimit. Auf Hauptverkehrsstraßen zum Beispiel würden sie ein höheres Tempolimit akzeptieren. Fünf Prozent waren unentschieden oder machten keine Angabe.
Je nachdem, welches Verkehrsmittel die Befragten hauptsächlich benutzten, fielen die Antworten jedoch unterschiedlich aus. Für Tempo 50 als Regel sprachen sich 77 Prozent der Autofahrer und -fahrerinnen, aber nur 56 Prozent der Radfahrerinnen und -fahrer aus. Für Tempo 30 plädierten 41 Prozent der Radfahrenden, aber nur 19 Prozent der Autofahrerinnen und -fahrer.

Einstellung der ADAC-Mitglieder hat sich kaum verändert

Von den 2.000 Befragten waren 714 ADAC Mitglieder ab 18 Jahren. Unter diesen ist die Zustimmung zur bisherigen Tempo-50-Regelung mit 73 Prozent größer als in der Allgemeinbevölkerung. In den zwei Untergruppen der Mitglieder, die hauptsächlich Pkw und öffentliche Verkehrsmittel nutzen, war die Bevorzugung von Tempo 50 als Regel innerorts mit jeweils 76 Prozent noch höher. Die stärkste Zustimmung für Tempo 30 als Regel innerorts gab es mit 36 Prozent bei den radfahrenden ADAC Mitgliedern.
Zum selben Thema hatte der ADAC auch im Januar 2021 online 1.005 seiner Mitglieder ab 18 Jahren befragt. Damals sprachen sich sogar 80 Prozent der Befragten dafür aus, dass in geschlossenen Ortschaften generell Tempo 50 das Limit sein soll. 30 km/h auf Hauptverkehrsstraßen wünschten sie sich nur als Ausnahme, zum Beispiel vor Schulen oder Altenheimen.
Das Meinungsbild der ADAC-Mitglieder zu diesem Thema hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert. Auch 2018, als die Mitglieder schon einmal dazu befragt wurden, war die große Mehrheit gegen Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit.

Nachvollziehbarkeit entscheidet über Akzeptanz

Dazu ADAC Verkehrsexperte Ronald Winkler: „Für die Akzeptanz von Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen ist es wichtig, dass das Tempolimit nachvollziehbar ist. Das Aufstellen eines Verkehrsschildes reicht nicht aus – entscheidend ist, dass die Autofahrer verstehen, warum sie langsamer fahren sollen.“ Tempo 30 im unmittelbaren Umfeld einer Schule sei nachvollziehbar, nicht aber, wenn diese Regelung auch nachts oder in den Ferien gelte.
Außerdem geht Winkler davon aus, dass die Akzeptanz von Tempo 30 auf Straßen mit breiten oder gar mehrspurigen Fahrbahnen eher gering ist, vor allem wenn diese mit separaten Radwegen ausgestattet sind. Hier müsste der Straßenraum mit größerem Aufwand umgestaltet werden, damit Autofahrer ihre Geschwindigkeit reduzieren.

Tempo 30 führt zu Ausweichverkehr

Gerade in Großstädten sind heute schon weite Teile des Straßennetzes auf 30 km/h limitiert, in München etwa mehr als 80 Prozent. Ein generelles oder weitgehendes Tempolimit von 30 km/h auf Hauptverkehrsstraßen hätte nach Ansicht von Ronald Winkler einen nicht gewollten Effekt: „Schleichwege durch Wohngebiete werden dadurch auch außerhalb der Rushhour attraktiv, weil sie kürzere Reisezeiten versprechen.“
Eine ADAC-Untersuchung habe ergeben, dass die Fahrleistung auf Hauptverkehrsstraßen bei Tempo 30 sinke – zu Lasten der Nebenstraßen, in denen sie in den Modellrechnungen zunimmt. Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen, so Winkler, würde auch das zügige Vorankommen von Linienbussen beeinträchtigen.
Natürlich ist der Anhalteweg bei Tempo 30 kürzer als bei 50 km/h. Bei einem Unfall ist das Risiko, dass etwas passiert, damit geringer. Aber eine signifikante Verbesserung der Verkehrssicherheit wäre laut Winkler mit Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen nicht zu erzielen: „Einer der Gründe ist, dass die Unfallschwerpunkte innerorts meistens an Kreuzungen liegen, wo die Geschwindigkeit beim Abbiegen eher niedrig ist und für den Unfallhergang nur eine nachgeordnete Rolle spielt. Mehr Verkehrssicherheit lässt sich dort vor allem über eine Verbesserung der Sichtbeziehungen und konfliktarme Ampelphasen erzielen“, erklärt er.

ADAC für Tempo 50 als Regel

Tempo 50 trägt laut Winkler dazu bei, dass die Bündelungsfunktion von Hauptverkehrsstraßen erhalten bleibt. Tempo 30 sollte dort aus Akzeptanzgründen nur dann angeordnet werden, wenn es die Verkehrssicherheit erfordert. Die Tempo-30-Regelung sollte nachvollziehbar sowie räumlich und zeitlich an die Gefahrenlage gekoppelt sein, um die Aufmerksamkeit des Autofahrer- und fahrerinnen auf die wirklich sensiblen Bereiche zu fokussieren.

Städte fordern Tempo 30, Versicherungen wiegeln ab

Die Diskussion um Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts wird in Deutschland immer lauter. Über 300 Gemeinden fordern dies mittlerweile. Auch der Fahrradclub ADFC fordert Tempo 30 und verweist auf Erfolgsbeispiele im Ausland. Unterstützung erhält der ADAC hingegen von den Versicherungen, die Tempo 30 nicht als entscheidenden Faktor für sicheren Radverkehr betrachten.



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