Durchgerechnet: 20 Prozent Marge weg 24.03.2023, 08:23 Uhr

VSF übt deutliche Kritik am neuen Jobrad-Preismodell

Das neue Preismodell des Leasing-Anbieters Jobrad hat große Widerstände im Handel hervorgerufen. Der VSF hat die Kritikpunkte seiner Fachhändler und Fachhändlerinnen ausgewertet und sieht einen Angriff auf die funktionierende Partnerschaft.
Uwe Wöll
(Quelle: VSF)
Mittlerweile bewerben sich mehr als ein Dutzend Leasing-Anbieter um die Unternehmen und Arbeitnehmer in Deutschland. Von diesen verlangen nur wenige eine Provision vom Handel – darunter Jobrad. Im bisherigen Preismodell des Marktführers betrug diese 7 Prozent vom Verkaufspreis, allerdings maximal 200 Euro (gedeckelt). Die neuen Regelungen, die das Unternehmen den Händlern und Händlerinnen im Februar 2023 übermittelt hat, sind aus Sicht des VSF eine massive und unausgewogene Abkehr vom bisherigen Preismodell. Auf den ersten Blick vorteilhaft für den Handel (durch das Absenken der Provisionsstufen auf 4 bis 6 Prozent je nach Umsatz) sichert sich Jobrad durch die ersatzlose Streichung des Maximalbetrages in den meisten Fällen einen deutlich größeren Anteil am Geschäft, so der Verband.
„Jobrad nimmt sich, je nach Verkaufspreis des Rades, einen Anteil von 17,5 bis 24 Prozent von der Händlermarge. In besonderen Konstellationen sogar bis 40 Prozent“, rechnet Uwe Wöll, Geschäftsführer des VSF vor. „Dieser Anteil ist definitiv zu hoch, insbesondere wenn man bedenkt, dass der Aufwand für den Händler beim Leasing ohnehin schon deutlich größer ist“. Der Wegfall des Maximalbetrages bedeutet für Fachhändler und Fachhändlerinnen, die mit ihrer mittleren Umsatzgröße den Kernbereich des deutschen Fahrradhandels ausmachen, dass sie zwischen 10 und 90 Prozent höhere Provisionen an Jobrad zahlen. Die Gesamtaufwendungen erhöhen sich damit dramatisch – in Zeiten ohnehin steigender Energie- und Personalkosten. Die Auswirkung werde die Kundschaft spüren, etwa indem Preissteigerungen an sie weitergegeben werden, so der VSF.

Viele Betriebe in höchster Provisionsstufe

Die Ausgestaltung der Provisionsstufen passt aus Sicht des VSF nicht zur Fachhandelslandkarte mit den tatsächlichen Umsatzklassen: Schon mit dem Verkauf des 14. Leasing-Rades (Durchschnittspreis 3.800 Euro) verlässt ein Fachhändler die unterste Provisionsstufe (4 Prozent). Diese Anzahl Leasing-Räder erreichen (bei einer marktüblichen Leasingquote) bereits Betriebe mit 500.000 Euro Jahresumsatz. Schon bei einem Jahresumsatz von 1,5 Millionen Euro werden die allermeisten Betriebe in die höchste Provisionsstufe von 6 Prozent rutschen. Dazu Uwe Wöll: „Dieses Tarifmodell steht nicht für eine stimmige und faire Differenzierung nach wirtschaftlicher Stärke. Im Gegenteil: Es sorgt dafür, dass zu viele Betriebe in der höchsten Provisionsstufe landen“.
Leasing ist aus dem Geschäftsmodell des Fahrradfachhandels nicht mehr wegzudenken, lobt auch der VSF. Den Leasing-Anbietern sei große Anerkennung für ihren Beitrag zur positiven Entwicklung der Branche auszusprechen – insbesondere Jobrad für seine Pionierarbeit. Die Partnerschaft zwischen Fachhandel und Leasing-Gesellschaften müsse aber unbedingt auf der Anerkennung der jeweiligen Leistungen beruhen: Die Kunden und Kundinnen werden im Fachhandel beraten. Dort werden Modelle zur Auswahl und Probefahrt vorgehalten, Räder angepasst und durch guten Service auf der Straße gehalten. Die jüngsten ZIV-Marktdaten bezeugen, dass über 75 Prozent aller Räder über den stationären Fachhandel verkauft werden. Ohne den Fachhandel und seine Leistungsfähigkeit bricht das ganze Modell zusammen, warnt der VSF. Mit seinem neuen Preismodell wolle Jobrad am Handel und nicht mit dem Händler oder der Händlerin verdienen. Das werde zum Bumerang für die Entwicklung des gesamten Marktes werden, so der Verband.

Wie Jobrad das System erklärt

Im Exklusivinterview mit SAZbike erklärt Jobrad-Geschäftsführer Florian Baur die Hintergründe der Preisanpassung. Hier gelangen Sie zum Interview.



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