Warenpräsentation
11.09.2017, 08:05 Uhr

Alternative Produktdarstellungen in Webshops

Online-Händler haben bei der Darstellung ihrer Produkte Nachholbedarf. Insbesondere Präsentationen mit neuen Technologien kommen noch kaum zum Einsatz.
(Quelle: shutterstock.com/Andrey_Popov)
Aussagekräftige Produktdarstellungen in Web­shops wirken sich enorm auf eine gute Conversion Rate sowie die Senkung der ­Retourenquote aus. Eine informationsreiche Präsentation ist somit essenziell für den Erfolg eines Shops. Obwohl das den meisten Online-Händlern bekannt sein sollte, behandeln viele dieses Thema immer noch stiefmütterlich, doch das Bewusstsein, handeln zu müssen, nimmt zu. Zumindest möchte laut einer Studie des ECC Köln in den kommenden sechs ­Monaten jeder zweite Online-Händler die Darstellung seiner Produkte im ­Online-Shop überarbeiten.
Die Relevanz einer gelungenen Warenpräsentation sollten Händler nicht unterschätzen. Laut einer Statista-Umfrage ist eine aussagekräftige Darstellung für 87 % der Online-Shopper eher wichtig bis sehr wichtig. Ebenso sind detailreiche Produktbeschreibungen für 93 % ein ausschlaggebendes Kriterium für den Besuch eines Webshops. Entspricht ein Artikel in der Realität nicht der Abbildung im Shop, ist die Wahrscheinlichkeit, dass er zurückgesendet wird, um ein Vielfaches höher. Erhält der Online-Shopper durch Bilder und Beschreibungstext nicht genug Informationen über das Produkt, wird es vermutlich gar nicht erst bestellt. Aber was muss eine gelungene Produktpräsentation den Usern bieten?

Der Informationsgehalt steht im Vordergrund

Nach Auffassung von Anna Rojahn, Gründerin des Technologieunternehmens Fast Forward Imaging, sollte bei der Darstellung eines Artikel der Informationsgehalt im Vordergrund stehen. "Das bedeutet, dass die optische Darstellung dem Kunden so viele Informationen wie möglich liefern muss: Die Farbe muss stimmen und die Details sollten mittels Zoomfunktion sichtbar sein", so Rojahn. Um dem Nutzer alle wichtigen Details rund um das ­gewünschte Produkt zu liefern, gibt es verschiedene Darstellungsmöglichkeiten. Laut ECC verwenden 84,6 % der Shop-Betreiber ausführliche Produktbeschreibungen und 68,8 % präsentieren die Artikel mit mehreren Produktbildern aus verschiedenen Perspektiven. 51,3 % haben dabei eine Zoom-Funktion integriert.
Rund 87 % der Shop-Betreiber ­sehen in der Warenpräsentation ein entscheidendes Differenzierungskriterium zu den Mitbewerbern. Dennoch setzt die Mehrheit auf standardisierte Produktdarstellungen - und nicht nur das: Oft wird das Bild- und Video-Material der Hersteller verwendet. Das führt dazu, dass zahlreiche Mitbewerber das gleiche Produkt auf ähnliche Art mit identischen Materialien im Shop präsentieren. Das wiederum hat zur Folge, dass ein Shop dem anderen gleicht. Wer sich also als Online-Händler wirklich von der Masse abheben möchte, muss ­seine Darstellung überarbeiten und individuelles Anschauungsmaterial erstellen. Der Grund, warum die Händler vermehrt auf den Content der Hersteller ­zurückgreifen, ist laut Mariusz Licbarski, Marketingmanager bei Gourmetfleisch, vor allem die Angst vor zu hohen Kosten. "Gute Produktfotos kosten Geld. Ein ausgebildeter Fotograf nimmt pro Bild gerne ein paar Hundert Euro. Ich denke aber, dass es letzten Endes gut investiertes Geld ist. Wer sich vor solchen Ausgaben scheut, spart am falschen Ende."
Der Anbieter von Steaks und Filets ­arbeitet bereits von Beginn an mit einem professionellen Fotografen zusammen, der die Aufnahmen für den Webshop ­anfertigt. Die abgebildete Ware müsse zu Hause beim Auspacken genauso anmuten  wie auf dem Bild im Shop, weiß Licbarski. Sicherlich gebe es Abweichungen, denn schließlich gleiche kein Stück Fleisch dem anderen, aber im Großen und Ganzen müsse der Eindruck stimmen. Daher werden alle Bilder selbst aufgenommen und keine Produktfotos gekauft.
Auch der Online-Shop für Brillen, Mister Spex, setzt bei seinen Bildern auf einen Dienstleister. "Für die Abbildung unseres Sortiments greifen wir auf die Expertise eines Spezialisten zurück, der entsprechendes Know-how in der Produktpräsentation im E-Commerce mitbringt", sagt Katrin Kapteyn, Chief Product ­Officer bei Mister Spex.

Neue Formen der Produktdarstellung

Neben einer realitätsgetreuen Ablichtung aus verschiedenen Perspektiven und der Integration von Kampagnenmaterial nutzt Mister Spex Virtual Reality für die Präsentation seiner Produkte, und zwar in Form einer 3-D-Anprobe. Online-Shopper können sich mit ihrer Webcam filmen und ­dabei virtuell eine von ihnen ausgewählte Brille zur Anprobe auf das aufgenommene Gesicht setzen. Über die Einbindung ­neuer Darstellungsformen wird bei Mister Spex regelmäßig abgestimmt. "Wir evaluieren kontinuierlich, ob und wenn ja welche neuen Technologien in der Produktdarstellung für uns relevant sein können. Dazu zählen aktuell 360-Grad-Darstellungen."
Beim Steak-Versender Gourmetfleisch stehen ebenfalls 360-Grad-Aufnahmen als neue Darstellungsform im Online-Shop auf der Agenda. Grundsätzlich ist ­Licbarski gegenüber neuen Technologien für die Warenpräsentation aufgeschlossen. "Alles, was dem Online-Shopper unser Produkt noch besser nahebringen und erklären kann, stellt für uns eine Option dar."

Alternative Darstellungsformen

Dementsprechend verwendet Gourmetfleisch für seine Präsentationen alternative Darstellungsformen zur gängigen Produktfotografie. In kurzen selbst gedrehten Videos werden den Usern Rezeptideen und Zubereitungstipps rund um das Produkt gezeigt. "Das Nutzungsverhalten hat sich einfach gewandelt. Videos werden tendenziell eher konsumiert als ausführliche Textpassagen. Aus diesem Grund bietet sich die Produktinszenierung mit Videos an", erläutert der Marketing Manager.
Solche Präsentationsformen sind aber noch lange kein Standard. Gerade einmal 16 % der befragten Online-Händler der ECC-Studie inszenieren ihre Artikel mithilfe von Videos. 3-D- oder 360-Grad-Ansichten haben sogar nur sechs Prozent in ihren Shops implementiert. "Insbesondere die virtuelle Produktinszenierung hat sich bisher noch nicht durchgesetzt. Es ist einfach ein sehr neues Thema. Alle warten immer erst einmal ab, wer es als Nächstes nutzt", sagt die Gründerin von Fast Forward Imaging. Doch wie man am Beispiel von Mister Spex sieht, sind solche Darstellungsformen keine Utopie mehr. Und auch Nutzer schrecken vor dieser neuen Technologie nicht mehr zurück.
Eine Untersuchung von Coremedia hat ergeben, dass 54 % der deutschen Konsumenten glauben, dass virtuelle Anproben in zehn Jahren zum Standard im E-Commerce zählen werden. Ebenso sehen sich deutsche Online-Shopper in wenigen Jahren mittels Virtual-Reality(VR)-Brille durch virtuelle Shopping-Malls schlendern und einkaufen. Aber nicht nur das wird möglich sein. Da es sich bei VR um eine Technologie handelt, die App-basiert ist, können zahlreiche Daten über den Nutzer gesammelt werden. "Somit wird es bald möglich sein, dass jeder durch sein persönlich kuratiertes virtuelles Kaufhaus stöbern kann", prognostiziert Rojahn.


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