ZIV stellt Leitfaden vor 13.09.2017, 14:17 Uhr

Fachhändler dürfen getunte Pedelecs reparieren

Große Unsicherheit herrscht unter Fachhändlern bei der Frage, ob sie getunte Pedelecs reparieren dürfen. Man darf es, sollte sich aber rechtlich absichern. Der ZIV hat Empfehlungen veröffentlicht.
Damit das Richterhämmerchen nicht erklingt, hat der ZIV einen Leitfaden veröffentlicht.
Der ZIV will den Fachhändler selbst auf unangenehme Szenarien vorbereiten, etwa wenn ein Kunde nach einem Unfall oder einer Polizeikontrolle mit einem nicht StVZO-konformen, weil „getunten“ Pedelec versucht, die Schuld für das Tuning auf den Händler zu schieben. Er könnte etwa behaupten, der Händler habe ohne Wissen des Kunden das Tuning durchgeführt.
Weist der Kunde beim Reparaturauftrag auf das vorherige Tuning hin, sollte der Händler schon bei der Auftragsannahme einen Vermerk aufbringen, dass der Kunde auf diese Veränderung hingewiesen hat. Gleichzeitig sollte der Händler einen Haftungsausschluss vermerken. Als Formulierung schlägt der ZIV vor: „Technisch vom Kunden verändertes E-Bike/Pedelec (getunt) - keine Haftung des Händlers für Straßenverkehrstauglichkeit; Fahrrad darf daher nicht im Bereich der StVO genutzt werden.“
Bemerkt der Händler das Tuning im Laufe der Wartung/Reparatur, so sollte er Händler die Reparatur unterbrechen und den Kunden möglichst schriftlich kontaktieren. Hat er nur eine Telefonnummer, ist zwingend eine Telefonnotiz zu fertigen. Dabei sollte folgender Text dokumentiert sein: „Im Rahmen der Wartung/Reparatur wurde festgestellt, dass das E-Bike/Pedelec nachträglich technisch verändert wurde und somit nicht mehr der StVZO entspricht. Die Wartung/Reparatur wurde daher abgebrochen. Der Kunde muss dann schriftlich mitteilen, ob er dennoch eine un- veränderte Fortsetzung der Wartung/Reparatur wünscht oder einen Rückbau in den StVZO- konformen Zustand erfolgen soll.“ Die schriftliche Korrespondenz bzw. Telefonnotiz sollte dem Auftrag beigefügt und zusätzlich in den Kundenunterlagen hinterlegt werden.
Wenn der Kunde eine wesentliche technische Änderung in Auftrag gibt, so muss der Händler prüfen, ob es sich um eine wesentliche Änderung des Elektrorads im Sinne des Produktsicherheitsgesetzes oder der Maschinenrichtlinie handelt. Hierzu kann er den ZIV-Leitfaden für den Bauteiletausch herabziehen. Wenn dies zutrifft, so muss der Händler eine eigenständige Konformitätsbewertung vornehmen, eine EG-Konformitätserklärung erstellen und die CE-Kennzeichnung neu anbringen. Eine Originalbetriebsanleitung ist ebenfalls bereitzustellen. Der Händler wird dann zum Hersteller im Sinne des Produktsicherheitsgesetzes und der Maschinenrichtlinie.
Besonders relevant sind diese Fragen aufgrund der technischen Möglichkeiten des Tunings. Die Angebote dafür gehen weit über das hinaus, was nach der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) zulässig ist und sind nach einhelliger Expertenmeinung mit erheblichen Sicherheitsrisiken verbunden. Diese können auf den Fachhändler zurückfallen, falls er nicht nachweisen kann, dass er das Tuning nicht veranlasst hat.
Stellt der Händler fest, dass durch die gewünschte Veränderung ein Produkt entsteht, das nicht hinreichend sicher ist, muss er entweder Maßnahmen vorschlagen, die die Sicherheit gewährleisten oder den Auftrag ablehnen. Wird aus dem konventionellen Fahrrad ein Pedelec oder aus dem Pedelec ein Kraftrad oder S-Pedelec, so muss der Kunde hierauf und auf die Folgen für die Nutzung hingewiesen werden. Insbesondere ist laut ZIV hinzuweisen auf die Führerscheinpflicht oder die Pflicht für die Mofa-Prüfbescheinigung, die Versicherungspflicht, die Helmpflicht und die Betriebserlaubnispflicht sowie auf sonstige Mindestausstattungsmerkmale für den Straßenverkehr. Diese Belehrungen müssen schriftlich erfolgen.
Versichert der Kunde, dass er das Produkt nicht im Bereich der StVO nutzen will, so sollte sich der Händler dies schriftlich bestätigen lassen.
Er darf den Kunden mit einem solchen Produkt auch nicht „vor der Tür“, also im öffentlichen Verkehrsraum, fahren lassen, sondern muss darauf achten, dass der Kunde das Rad in anderer Weise, etwa auf einem Anhänger oder in einem Fahrzeug, abtransportiert.
Zusammenfassend stellt der ZIV fest, dass ein Händler ein technisch verändertes Produkt warten und reparieren darf. Der Händler muss allerdings sicherstellen, dass er beweisen kann, dass die Veränderung bereits durch den Kunden veranlasst oder von ihm für eine Nutzung außerhalb des Bereichs der StVO beauftragt wurde.
Der Händler muss einen solchen Auftrag nicht ablehnen. Er muss aber dokumentieren, dass er den Kunden auf die fehlende Konformität mit den Anforderungen der StVZO hingewiesen hat. Denn denkbar sei ja beispielsweise, dass der Kunde das Elektrorad nur auf Privatgelände nutzen will, was durchaus auch mit veränderten Produkten zulässig wäre. Dies gilt auch für Fälle, in denen der Kunde vor Auftragsvergabe auf die Veränderungen nicht hingewiesen hatte.



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