BNM-Fachgespräch
16.10.2025, 10:19 Uhr
Wie Mountainbiken vom Ehrenamt lebt
Das Bike Nature Movement diskutierte in Berlin, wie ehrenamtliches Engagement die Basis des Mountainbikens bildet – und wo Bürokratie, Finanzierung und fehlende Sichtbarkeit noch bremsen. Praktikerinnen und Praktiker aus Regionen und Schulen zeigten, wie es geht.
Svenja Golombek, Leiterin für Sport und Tourismus beim ZIV, diskutierte mit Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Verbänden, Schulen und Regionen beim Fachgespräch „Breitensport Mountainbiken“ in Berlin.
(Quelle: ZIV)
Rund 16 Millionen Menschen in Deutschland begeistern sich laut Allensbach-Institut fürs Mountainbike, fast vier Millionen sind regelmäßig auf den dicken Reifen aktiv. Doch legale Trails, Beschilderung und Wartung entstehen selten durch öffentliche Hand. „Ohne die Freiwilligen läuft nichts“, fasste Svenja Golombek, Leiterin des Bereichs Sport, Freizeit, Tourismus des ZIV, beim BNM-Fachgespräch am 13. Oktober 2025 in Berlin zusammen.
Das Bike Nature Movement (BNM), 2022 vom ZIV gemeinsam mit DIMB und Mountainbike Forum Deutschland gegründet, will dem MTB-Breitensport eine gemeinsame Stimme geben und dessen gesellschaftlichen Wert sichtbarer machen.
Vom Landratsamt bis zum Verein: Zusammenarbeit entscheidet
Wie sich anfängliche Skepsis in konstruktive Kooperation verwandeln kann, zeigte Andrea Musiol vom Landkreis Lichtenfels: „Mountainbiker und Landratsamt – das war Liebe auf den zweiten Blick.“
Ihr Projekt Bikeregion Obermain.Jura bringt Verwaltung, Ehrenamt und Tourismus an einen Tisch. Kommunikation, Mut und „Kümmerer“, so Musiol, seien der Schlüssel – ebenso klare Prozesse: „Ehrenamt braucht einen Rahmen, aber auch Vertrauen.“
Trailbau als Gemeinschaftsprojekt
Sonja Schreiter, Fachreferentin der Deutschen Initiative Mountainbike (DIMB), machte den immensen Wert ehrenamtlicher Arbeit messbar. Allein beim DIMB-Projekt Würmtal Trails in Gauting entstanden vier Kilometer legale Strecken, 5 000 Ehrenamtsstunden flossen in Planung, Bau und Unterhalt.
„Jeder investierte Euro wird im Ehrenamt verzehnfacht“, so Schreiter. Nach DIMB-Berechnungen entspräche die Eigenleistung der Freiwilligen rund 1,25 Millionen Euro – bei professioneller Vergabe wäre der Bau kaum finanzierbar.
Schule trifft Trail: Nachwuchsarbeit mit Wirkung
Andreas Schubert, Lehrer an der Realschule Bad Brückenau, verbindet Unterricht und Bewegung. Seine Schoolbikers AG betreut 30 Schülerinnen und Schüler, die Technik, Reparaturen und Umweltschutz lernen – und 2025 gemeinsam ihren ersten Trail bauten.
„Radfahren, egal ob im urbanen Umfeld oder in der Natur, muss einfach, sicher und selbstverständlich werden.“ Das Projekt zeigt: Nachwuchsförderung gelingt, wenn lokale Akteure, Kommune und Schulen pragmatisch zusammenarbeiten.
Bewegung, Gesundheit, Teilhabe
Nico Graaf vom Mountainbike Forum Deutschland stellte internationale Programme vor, die Biken therapeutisch einsetzen. In Schottland werden MTB-Ausfahrten für Menschen mit psychischen Erkrankungen genutzt, in Freiburg stärkt das Programm Trail Heldinnen Mädchen mit Fluchtbiografie.
„Mountainbiken ist mehr als Sport – es ist eine Erholungsform, die Resilienz und Selbstwirksamkeit fördert“, so Graaf.
Sportwissenschaftler Matthias Laar ergänzte die gesundheitliche Perspektive: regelmäßiges Biken verbessere Herz-Kreislauf-Funktion, Koordination und psychische Stabilität. „Nach jedem Oben wurde ich ein anderer – unten“, zitierte er den Bergsteiger Reinhard Karl, um die mentale Dimension des Sports zu verdeutlichen.
Bürokratie bleibt größte Hürde
Im politischen Panel betonten mehrere Teilnehmende, dass Fördermittel, Haftungsregeln und Genehmigungen zu komplex seien. Claus Fleischer, ZIV-Vorstandsmitglied und Chef von Bosch Ebike Systems, sprach von einem „bürokratischen Risiko für Engagement vor Ort“. Der Appell lautete, Verfahren zu vereinfachen und Ehrenamtliche stärker zu entlasten.
ZIV-Geschäftsführer Burkhard Stork zog am Ende ein positives Fazit: „Lebenswerte Wälder gibt es nur mit dem Fahrrad.“
Die Mischung aus Ehrenamt, gesundheitlicher Förderung und naturverträglicher Infrastruktur mache Mountainbiken zu einem gesellschaftlichen Mehrwert – nicht nur für den Sport, sondern auch für Tourismus, Bildung und Umweltbewusstsein.