Rückenwind für Verkehrswende 16.06.2023, 11:59 Uhr

Der ADFC begrüßt StVG-Reformvorschlag der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat sich auf einen Entwurf für die Reform des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) geeinigt. Der ADFC und die Organisation Agora Verkehrswende begrüßen dies.
Rebecca Peters
(Quelle: ADFC / Deckbar)
Der nun vorgelegte Gesetzentwurf enthalte neue Ziele und verbessere die Möglichkeiten für Kommunen zur fahrrad- und klimafreundlichen Umgestaltung der Straßen deutlich, lobt der ADFC. Hilfreich sei aber eine Konkretisierung im Gesetzestext – und die zügige Anpassung der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO).
Die ADFC-Vorsitzende Rebecca Peters kommentiert: „Wenn der vorliegende StVG-Gesetzentwurf nächsten Mittwoch vom Kabinett bestätigt wird, ist das ein guter Tag für die Verkehrswende vor Ort. Neben Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs stehen nun auch Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung im Entwurf – eine langjährige Forderung des ADFC und seiner Bündnispartner. Wenn Bundestag und Bundesrat zustimmen, können Kommunen in Zukunft viel leichter verkehrsberuhigte Quartiere einrichten, Fahrradstraßen und Zebrastreifen anlegen und Lücken im Radwegenetz schließen. Das bringt mehr Lebensqualität für alle, in der Stadt und auf dem Land. Voraussetzung ist allerdings, dass ein Widerspruch zwischen Gesetzestext und Begründung bereinigt wird – und dass Bundesverkehrsminister Wissing zügig auch die untergeordnete StVO entsprechend anpasst. Denn die Kommunen schauen auf die StVO.“  

Widerspruch zwischen Gesetzestext und Begründung

Im neuen Absatz 4a des §6 StVG des Gesetzesvorschlags heißt es: Anordnungen, wie Radfahrstreifen oder verkehrsberuhigende Maßnahmen, „müssen neben der Verbesserung des Schutzes der Umwelt, des Schutzes der Gesundheit oder der Unterstützung der städtebaulichen Entwicklung die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs berücksichtigen“. Dieser Imperativ weicht nach Auffassung des ADFC die eigentliche Intention auf, die in der Begründung nachgeliefert wird. Dort heißt es unter Punkt II, „dass mit der gesetzlichen Änderung die Regelungsziele Verbesserung des Schutzes der Umwelt (einschließlich des Klimaschutzes), Schutz der Gesundheit und Unterstützung der städtebaulichen Entwicklung für sich allein genommen ausreichen“. Der ADFC fordert, hier die Eindeutigkeit der Begründung auch im Gesetzestext zu verankern und die Pflicht zur Berücksichtigung auf die Verkehrssicherheit zu beschränken. So können beispielsweise verkehrsberuhigte Quartiere auch ohne Verkehrszählungen und Unfallstatistiken allein zur Verbesserung der Lebensqualität und der Fahrrad- und Fußgängerfreundlichkeit angeordnet werden.

Agora Verkehrswende: Reform taugt für lebenswerte Städte 

Christian Hochfeld, Direktor von Agora Verkehrswende, ergänzt: „Mit dem Entwurf für eine StVG-Reform schafft die Bundesregierung nach langem Zögern endlich das Fundament für alle Kommunen, die die Mobilität bei sich vor Ort verbessern und den öffentlichen Raum lebenswerter gestalten wollen. Hunderte Städte und Gemeinden in ganz Deutschland warten auf diesen Modernisierungsschub. Sie bekommen damit mehr Entscheidungsfreiheit und Handlungsspielräume, um zum Beispiel leichter Busspuren und Radwege einzurichten, das Parken im öffentlichen Raum in geregeltere Bahnen zu lenken oder den Straßenverkehr für alle sicherer zu machen. Das alles wird möglich, wenn das StVG – wie jetzt von der Bundesregierung vorgeschlagen – neben der ‚Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs‘ auch gleichberechtigt die Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung aufnimmt.“
Der Entwurf sei ein wichtiger Schritt auf einem längeren Weg. Jetzt komme es darauf an, dass die Gleichwertigkeit der Ziele im weiteren Gesetzgebungsprozess erhalten bleiben, auch im Bundesrat, und dass später die Straßenverkehrsordnung (StVO) im Sinne des neuen StVG angepasst werde. Denn die StVO folge im Moment noch überholten Regeln, wonach im Zweifel immer die ‚Leichtigkeit‘ des Autoverkehrs den Vorrang habe. Jedes Abweichen von diesem Prinzip bedurfte bisher aufwändiger und kleinteiliger Begründungsverfahren. Selbst wenn es um die Verkehrsberuhigung im Umfeld einer Schule oder eines Kindergartens ging, konnten diese Verfahren scheitern. Bei der Reform der StVO werden das Bundesverkehrsministerium und die Bundesländer eine zentrale Rolle spielen, so Hochfeld.

Über Agora Verkehrswende

Agora Verkehrswende ist eine Denkfabrik für klimaneutrale Mobilität mit Sitz in Berlin. Initiiert wurde Agora Verkehrswende Anfang 2016 von der Stiftung Mercator und der European Climate Foundation.



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