Konflikte klar benannt 13.06.2024, 10:29 Uhr

ADAC-Expertenreihe in Bingen: Fußverkehr attraktiver gestalten

Am 12. Juni kamen Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in Bingen zusammen, um über die Potenziale des Fußverkehrs zu diskutieren.
„Unsere Mobilitätssysteme funktionieren am besten, wenn alle Verkehrsarten mit dem Fußweg als Bindeglied vernetzt sind und ihr volles Potenzial entfalten“, sagte Prof. Dr. Peter König, Vorstand Verkehr und Technik beim ADAC Mittelrhein.
(Quelle: Mirco Hillmann)
„Fußverkehr: Neue Wege gehen“ – auf Einladung der ADAC Regionalclubs Hessen-Thüringen, Mittelrhein, Pfalz und Saarland diskutierten unter diesem Motto Verkehrsexperten gemeinsam mit Vertretern aus Kommunen und Gemeinden im NH Hotel Bingen Konzepte und Lösungsansätze für eine fußgängerfreundliche Infrastruktur.
Die rheinland-pfälzische Wirtschaftsstaatssekretärin Petra Dick-Walther eröffnete die ADAC Expertenreihe vor 138 Teilnehmenden. „Es freut uns sehr, dass sich der ADAC mit dem Fußverkehr einem Thema widmet, das der Landesregierung aktuell besonders am Herzen liegt. In dieser Legislaturperiode sind die Innenstädte der Zukunft unser Regierungsschwerpunkt. Der Fußverkehr spielt bei der Belebung der Innenstädte und Ortszentren eine zentrale Rolle und ich freue mich auf einen regen Austausch mit Ihnen“, sagte Dick-Walther.
Der Fußverkehr ist die nachhaltigste Form der urbanen Mobilität und verbindet alle anderen Verkehrsarten. Egal ob beim Umstieg im ÖPNV oder vom Parkplatz zum Ziel: eine fußgängerfreundliche Infrastruktur ist entscheidend für die ,letzte Meile‘. Dazu gehören sichere, breite und barrierefreie Fußwege sowie gut integrierte Fußgängerampeln, Zebrastreifen und Kreuzungen.
„Unsere Mobilitätssysteme funktionieren am besten, wenn alle Verkehrsarten mit dem Fußweg als Bindeglied vernetzt sind und ihr volles Potenzial entfalten. Die Herausforderung besteht darin, den Fußverkehr zu stärken und ihn zur bevorzugten Wahl für kurze Strecken zu machen. Dafür brauchen wir sowohl eine sichere, als auch eine attraktivere Infrastruktur, die Menschen aller Altersgruppen und Mobilitätseinschränkungen anspricht“, sagte Prof. Dr. Peter König, Vorstand Verkehr und Technik beim ADAC Mittelrhein in seiner Eröffnungsrede.

Vielfältige Konflikte: Falschparker, E-Scooter, Radfahrer

Ronald Winkler vom ADAC e.V. stellte die Ergebnisse der Umfrage ,Fußgängersicherheit‘ und des ADAC Monitors ,Mobil in der Stadt‘ vor, der bundesweit in den 15 größten Städten durchgeführt wurde. Insgesamt ist die Mobilitätszufriedenheit zurückgegangen, Hauptkritikpunkte sind u.a. parkende Autos auf Gehwegen, Konflike mit E-Scootern und Radfahrern sowie fehlende Sitzgelegenheiten.
In diesem Zusammenhang betonte Winkler die zentrale Rolle sicherer und durchgängiger Fußwege und die wachsende Bedeutung barrierefreier Infrastrukturen, besonders für Senioren und Menschen mit Mobilitätseinschränkungen. Er hob hervor, dass eine stärkere Fokussierung auf Fußgänger nicht nur die Sicherheit, sondern auch die Aufenthaltsqualität erhöht und damit das soziale Miteinander in Städten fördert. Dazu sei u.a. ein engmaschiges und durchgängiges Fußwegenetzes erforderlich, indem die Bedürfnisse von Fußgängern wie Sitzbänke, Barrierefreiheit und Begrünung direkt bei der Planung mitberücksichtigt werden.
Andreas Schmitz von der IKS Mobilitätsplanung zeigte anhand von Beispielen, wie sicherer und attraktiver Fußverkehr gestaltet werden kann: von Kinderfußwegen in Luxemburg über Fußwegenetzplanung in der Schweiz bis hin zu Begegnungszonen in Österreich, in denen Fußgänger bevorrechtigt sind und Pkw maximal 20 km/h fahren dürfen.
Dr. Michael Frehn von der Planersocietät Frehn Steinberg Partner stellte das Konzept der sogenannten Fußverkehrs-Checks vor, das bundesweit bereits mehreren Kommunen geholfen hat, Schwachstellen zu identifizieren und zu beheben.
Dr. Markus Rebstock von der Bundesfachstelle Barrierefreiheit thematisierte in seinem Vortrag die barrierefreie Stadt- und Verkehrsplanung. Dabei unterstrich er die Wichtigkeit barrierefreier Verkehrswege und stellte Maßnahmen und Normen vor, die Menschen mit Behinderungen eine sichere Fortbewegung ermöglichen.
Mario Flammann von Pesch Partner Architektur Stadtplanung referierte über die Gestaltung lebenswerter Ortsmitten und Fußgängerzonen. Seine Ideen zur Umgestaltung öffentlicher Räume fanden ebenfalls großes Interesse und regten zahlreiche Diskussionen über mögliche Umsetzungen an.

Viel Handlungsbedarf im Fußverkehr

Zum Abschluss stellte Dr. Sascha Baron vom Tiefbau- und Vermessungsamt Wiesbaden die Fußverkehrsstrategie vor – verbunden mit dem Ziel, Wiesbaden zur Fußgängerstadt Nr. 1 in Deutschland zu machen. In diesem Zusammenhang betonte er die Wichtigkeit einer kontinuierlichen Anpassung und Verbesserung der Fußverkehrsbedingungen, um den Fußverkehrsanteil weiter zu steigern.
„Die ADAC Expertenreihe bot heute nicht nur spannende Fachvorträge und eine gute Gelegenheit zum Netzwerken, sondern zeigte auch deutlich auf, dass noch viel Handlungsbedarf im Fußverkehr besteht. Es ist umso schöner zu sehen, wie viele innovative Ideen zur Verbesserung des Fußverkehrs hier in Bingen zusammengekommen sind“, zog die Teilnehmerin Jasmin Rupprecht von der Straßenbaubehörde Hessen Mobil ein positives Fazit.
Die sieben Veranstaltungen im Rahmen der ADAC Expertenreihe finden zwischen Februar und Juli 2024 in Gera, Hamm, Braunschweig, Hamburg, Feuchtwangen, Bingen und Rastatt statt.


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