Schlechtes Halbzeitzeugnis 23.06.2022, 10:49 Uhr

ADFC Sachsen wirft Staatsregierung Versäumnisse in der Radpolitik vor

Die sächsische Staatsregierung, eine Koalition aus CDU, SPD und den Grünen, tut noch zu wenig für den Radverkehr. Der ADFC Sachsen fordert die Regierung zur Halbzeit daher auf „endlich in die Pedale zu treten“.
Rotes Licht für die sächsische Regierung in Sachen Fahrradpolitik.
(Quelle: Shutterstock / Sergio Rojo)
Nur zwei von 15 Projekten zum Radverkehr in Sachsen hat die Regierung Kretschmer bisher umgesetzt. Dazu zählen eine Verbesserung der Verkehrssicherheit, eine leichtere Anordnung von Tempobegrenzungen, mehr Verkehrskontrollen, Planungsbeschleunigung und mehr Personal, die Aufstockung von kommunaler Förderung, Ausbau der Radfernwege oder die Lastenradförderung. Doch nicht nur der Radwegebau außerorts nähert sich einem kompletten Stillstand. Auch die Verkehrssicherheitsarbeit wurde drastisch heruntergefahren statt, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, ausgebaut. Alle Details zum Status Quo der Maßnahmen finden sich auf der Website des ADFC Sachsen.
„Von der Kenia-Koalition (CDU-SPD-Grüne, Anm. d. Red.) hatte ich deutlich mehr erwartet. Dass nach zweieinhalb Jahren lediglich zwei der 15 Projekte des Koalitionsvertrags umgesetzt worden sind, erfüllt mich mit großer Sorge“ erklärt Niklas Schietzold, Vorsitzender des ADFC Sachsen.

Die Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag

Die sächsische Koalition aus CDU, Grünen und SPD hatte sich 2019 vorgenommen, den Anteil der mit dem Rad zurückgelegten Wege bis 2025 durch ein komplexes Maßnahmenpaket für den Radverkehr bis 2025 zu verdoppeln. „Verkehrsminister Martin Dulig muss jetzt den Radverkehr zur Chefsache machen, damit die Koalition ihr Ziel noch erreichen kann“, mahnt Schietzold.
Bis jetzt wurden lediglich die Punkte Lastenradförderung und Vernetzung & Know-how für sicheren Radverkehr umgesetzt. 2021 gingen beim für das Förderprogramm zuständige Landesamt für Straßenbau und Verkehr 300 Förderanträge für 386 Transporträder ein. Das Antragsvolumen betrug insgesamt 546.500 Euro, die Nachfrage war damit größer, als von der Sächsischen Staatsregierung erwartet. Im Jahr 2022 stehen für die Lastenradförderung 700.000 Euro bereit. Außerdem wird die kommunale Arbeitsgemeinschaft Wegebund finanziell unterstützt. Darauf hatten sich CDU, Grüne und SPD auch im Koalitionsvertrag geeinigt. Die Arbeitsgemeinschaft berät Kommunen, organisiert Weiterbildungen und vernetzt unterschiedliche Akteure, damit Sachsens Städte fuß- und fahrradfreundlicher werden können.

Radwegeausbau kommt kaum voran

Der Radwegebau an Staats- und Bundesstraßen hingegen ist in Sachsen nahezu komplett zum Erliegen kommen. Wurden unter Ex-Verkehrsminister Sven Morlok (FDP) bis 2014 noch über 30 Kilometer neue Radwege pro Jahr fertiggestellt, verschlechterte sich die Bilanz unter seinem Nachfolger Martin Dulig von der SPD. Nur sieben Kilometer Radwege an Bundes- und Staatsstraßen konnte der Freistaat eröffnen, 2021 waren es zehn Kilometer. Eigentlich hatte sich die Staatsregierung das Ziel gesetzt, bis 2025 über 500 Kilometer neue Radwege fertigzustellen. Der ADFC fordert daher, im kommenden Doppelhaushalt deutlich mehr Mittel für Planung und Bau von Radwegen bereitzustellen. Neben Finanzmitteln fehlten dem Freistaat auch ausreichend Fachplaner und Fachplanerinnen, die den Radwegebau voranbringen. Ebenso benötigen die Kommunen in den beiden kommenden Jahren vom Land deutlich mehr Fördermittel, um den innerörtlichen Investitionsstau abzubauen und Gefahrenstellen zu beseitigen. Zuletzt kürzte Verkehrsminister Dulig den Städten und Gemeinden massiv die Förderung, obwohl CDU, Grüne und SPD im Koalitionsvertrag das Gegenteil vereinbart hatten.

Halbzeitbilanz

Der ADFC Sachsen fordert die Regierung nun auf, die nicht- oder nur teilweise realisierten Projekte voranzutreiben, damit das Ziel – eine Verdopplung der mit dem Rad zurückgelegten Wege bis 2025 – überhaupt noch erreicht werden kann. Größter Handlungsbedarf besteht dabei bei den nicht realisierten Projekten: 
  • Verkehrssicherheit
  • leichtere Anordnung von Tempobegrenzungen
  • mehr Verkehrskontrollen
  • Radwegebau Bundes- und Staatsstraßen
  • Planungsbeschleunigung und mehr Personal
  • kommunale Förderung aufstocken
  • Knotenpunktwegweisung
  • Ausbau Radfernwege
  • Fahrradparken Bahnhöfe
Aber auch die nur teilweise realisierten Projekte müssen vollendet werden:
  • Abbiegeassistenten
  • Referat Nahmobilität im SMWA und LA SuV
  • Radtourismus weiterentwickeln
  • Radschnellwege


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