Fahrsicherheitstraining mal anders 04.11.2021, 13:24 Uhr

Fahrradkurs vermittelt Sicht eines LKW-Fahrers auf den Radverkehr

Michael Wald, Key Account Manager beim Großhändler Paul Lange & Co. (Stuttgart), engagiert sich in der Radverkehrsschulung für Kinder. Vor kurzem sorgte er mit einer neuen Perspektive auf das Fahrsicherheitstraining für Aufsehen.
Kinder mit Michael Wald (links) und Mark Schneider (rechts), LKW-Fahrer
(Quelle: Paul Lange & Co.)
Michael Wald ist seit nahezu vier Jahren in seinem Heimatdorf ehrenamtlich im Skiclub tätig. Sein Aufgabenbereich ist die Abteilung Fahrrad. Er bringt den kleinen Fahrradhelden im Alter von fünf bis elf Jahren den sicheren Umgang mit dem Rad im Straßenverkehr bei. Ziel des Kurses sei es nicht, aus den kleinen Rackern Sportmaschinen zu züchten, sondern ihnen den spielerischen Umgang mit dem Fahrrad zu vermitteln. Dazu gehören auch Aktionen wie Reifenflicken oder Radtouren nach Hersbruck zur Eisdiele, an denen zehn bis 15 Kids teilnehmen.
Vor ein paar Wochen bekam er einen Anruf von einem LKW-Fahrer aus dem Ort. Dieser meinte am Telefon, dass er die Aktionen der Radlgruppe gut findet und er anbieten könnte, mit seinem 40-Tonner inklusive Anhänger vorbeizukommen, um den Kindern die Welt von dort oben zu zeigen.

Der Radverkehr aus Sicht eines LKW-Fahrers

Nach der kooperativen Bewältigung einiger verwaltungstechnischer Hürden konnten an jedem Tag zehn Kindern mit einem Elternteil an dem „Fahrsicherheitstraining“ teilnehmen. Insgesamt waren es 90 Kinder und 90 Erwachsene.
„Ich fahre jeden Tag mit diesem großen LKW auf den Straßen, um Sachen von A nach B zu liefern. Jeden Tag erlebe ich gefährliche Situationen im Straßenverkehr. Situationen, die fast alle verhindert werden könnten, wenn die Menschen wüssten, wie man sich in der Nähe eines LKWs verhält“, erklärte LKW-Fahrer Mark zu Beginn. Er gab den Teilnehmerinnen und Teilnehmern mehrere Lektionen mit auf den Weg:
Lektion 1: Mark setzte ein Kind auf den Fahrersitz und entfernte sich mit der Gruppe nach und nach so weit nach vorne, bis die Kinder endlich ihren Kameraden im Führerhaus sehen konnten – und umgekehrt. Die überraschende Erkenntnis: Erst nach acht bis zehn Meter konnten man sich sehen. Die Lehre daraus: Niemals vor einem LKW stehen bleiben, sonst wird man übersehen.
Lektion 2: Anschließend ging es zur Beifahrerseite, wo Mark ein Absperrband um den großen Spiegel herumgezogen hatte. Damit hatte er ein großes Dreieck gemacht. In dieses Dreieck sollten sich dann alle Erwachsenen und die Kinder stellen. Als alle da drin standen rief Mark dem Kind auf dem Fahrersitz zu: „Na, wen siehst Du?“ „Niemanden“, rief das Kind zurück. „Aber da sind doch Spiegel“, meinte Mark. „Ja, das stimmt, aber da sehe ich auch niemanden! Gar keinen sehe ich.“ Marks zweite Botschaft an die Kinder: Wenn man den Fahrer eines LKW sieht, dann sieht er einen selbst auch.
Lektion 3: Danach ging es weiter nach hinten Richtung Anhänger und zu weiteren Positionen links, rechts und neben dem LKW. Alle Punkte wurden abgearbeitet und bildlich den Kindern gebracht, wo sie sich in Sicherheit aufhalten können und wo keinesfalls. Nach den Erklärungen durfte ein Kind nach dem anderen eine Runde im Führerhaus des LKWs mitfahren. Beim ersten Kind hat Mark noch ein Verkehrshütchen mit ca. einem Meter Abstand neben den LKW gestellt.
Er meinte dann zu den Kindern: „Schaut Euch mal bitte dieses Hütchen an, wenn ich losfahre. Stellt Euch vor, ihr steht am Straßenrand mit Eurem Fahrrad und der LKW biegt nach links ab.“ Er stieg ein und fuhr langsam los. Er musste aus dem Wendehammer nach links auf die Straße abbiegen, der Anhänger scherte aus und rollte komplett über das Hütchen. Die Lehre hier: Den Wendekreis des LKW unbedingt im Kopf behalten.
Mit dieser Aktion sollten Kinder für Gefahrensituationen zusätzlich sensibilisiert werden. Die Resonanz auf die Aktion war zudem so positiv, dass der bayerische Rundfunk ausführlich darüber berichtet hat.
Den originalen Blog-Beitrag von Michael Wald finden Sie hier.


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