Stark in Europa, schwach in den USA 09.03.2018, 11:35 Uhr

Accell-Gruppe: Umsatz steigt, Gewinn sinkt

Die Accell-Gruppe erwirtschaftete 2017 mehr Umsatz, in Deutschland besonders mit Pedelecs. Der Gewinn sank, auch wegen des schwierigen US-Markts. Vorstandsmitglied Hielke Sybesma verlässt Accell.
Die Accell-Gruppe hat ihre Bilanz des abgelaufenen Geschäftsjahres veröffentlicht.
Der Umsatz des niederländischen Fahrradriesen stieg weltweit um 3,7 % auf 1,069 Mrd. Euro. Das operative Ergebnis, also der Gewinn ohne Sondergeschäfte, sank um 37,1 % auf 38 Mio. Euro. Das Umsatzwachstum basiere wesentlich auf höheren Verkaufszahlen im Accell-intern so genannten E-Performance-Segment, also E-Mountainbikes und anderen, tendenziell als sportlich vermarkteten Pedelecs und S-Pedelecs. Hervorgehoben wird besonders der gestiegene Absatz von E-MTBs der Marken Haibike, Ghost und Lapierre. Der Absatz und Umsatz mit unmotorisierten Rädern sank dagegen von weltweit 1,457 Mio. Stück auf 1,278 Mio. Exemplare. Der Anteil von Elektrorädern am Zweiradumsatz stieg darum von 55 % auf 63 %.
Vorwiegend Wachstum in Deutschland und Rest-Europa
Die Märkte in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Frankreich haben sich positiv entwickelt. In Deutschland sei vor allem der Verkauf von E-MTBs der Marken Haibike und Ghost sowie Winoras traditioneller Pedelecs gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Auch der Umsatz mit Teilen und Zubehör stieg in Deutschland. Gesunken sei dagegen auch hierzulande der Absatz unmotorisierter Fahrräder. Deutschland bleibt mit einem Umsatz von 313 Mio. Euro, ein Plus von über 17 %, größter Markt der Accell-Gruppe vor den Niederlanden mit 203 Mio. Euro Gesamtumsatz (-9 %).
Europaweit, besonders in Frankreich, Österreich und Spanien, stieg der Verkauf von E-Mountainbikes der Marken Haibike, Lapierre und Ghost. Der Absatz unmotorisierter Fahrräder jedoch weist europaweit die gleiche Tendenz auf wie in Deutschland: abwärts. Der Umsatz mit Teilen und Zubehör dagegen stieg fast überall. Starkes Umsatzwachstum verzeichnete Accell besonders in Skandinavien und Spanien. 
Probleme in Nordamerika
Gesunken seien dagegen die Verkaufszahlen nicht nur bei Fahrrädern, sondern auch mit Elektrorädern in Nordamerika und den Niederlanden. In Nordamerika brach speziell der Verkauf unmotorisierter Fahrräder ein. Der Gesamtumsatz dort sank von 119 Mio. Euro auf 102 Mio. Euro. Diese Entwicklung in Nordamerika sowie der Umbau des dortigen Vertriebs seien maßgeblich für den Gewinnrückgang gewesen. Unter anderem wird dort aufgrund schwacher Verkaufszahlen im Fachhandel sowie der Auslistung bei einem großen Vertriebspartner der Online-Vertrieb ausgebaut.
Umbau des Vorstands,
Finanzvorstand Hielke Sybesma, seit 23 Jahren bei Accell, verlässt die Gruppe zum 1. Mai. Ein Nachfolger steht noch nicht fest. Auch der operative Geschäftsführer Jeroen Snijders räumt seinen Posten Ende April. Das operative Geschäft verantwortet Jeroen Both, verantwortlich für die Zuliefererkette. Das neue Vorstandmitglied Jeroen Hubert, verantwortlich für Marketing, Innovation, E-Commerce und Erlebniszentren, habe seine Expertise dafür unter anderem bei Pepsico und Ikea erlernt.  
Große Pläne
Bis 2022 will die Accell-Gruppe ihren Umsatz auf 1,5 Mrd. Euro steigern, ebenso soll die zuletzt gesunkene Profitabilität verdoppelt werden. E-Commerce und Entwicklung sollen zentralisiert werden und Synergien quer durch die Wertschöpfungskette in allen Regionen stärker genutzt werden. 60 bis 80 Mio. Euro will Accell jährlich durch Umstrukturierungen bis 2022 sparen. Was konkret wie umstrukturiert werden soll, wurde nicht genannt. 2018 werde aber ein „Schlüsseljahr des Wandels“, so die Ankündigung.
Accell will sich für die beschriebenen Umsatz- und Profitabilitätsziele auf sechs Schlüsselregionen konzentrieren: die DACH-Länder, die Benelux-Staaten, Südeuropa, Großbritannien und Nordirland, Skandinavien und Nordamerika. Diese machen zusammen fast den kompletten Umsatz des niederländischen Fahrradkonzerns aus. Eine besondere Rolle sollen dabei Elektroräder spielen, deren Absatz soll mit digitalen Plattformen, Erlebniszentren und mobilem Service unterstützt werden. Für das laufende Geschäftsjahr erwartet Accell steigenden Umsatz und mehr Gewinn.
Anbeek kündigt „Jahr des Wandels" an
Der Vorstandsvorsitzende Ton Anbeeek sagt: „2017 haben wir unsere neue Strategie in  Europa und Nordamerika umgesetzt. Leider wurden deren Anfangsergebnisse überschattet von der enttäuschenden Entwicklung in Nordamerika. Der Verkauf über bestehende Vertriebskanäle, etwa unabhängige Fachhändler und breit aufgestellte Sportartikelketten, geriet unter Druck, und der Vertrag mit einer großen Multisportkette wurde gekündigt. Diese Entwicklungen führten zu einer Restrukturierung, inklusive dem Austausch des dortigen Managements.
In Europa haben wir von unserer führenden Position im E-Bike-Segment profitiert. Besonders der Verkauf von E-Performance-Bikes für Freizeit und Sport ist stark gewachsen und wir haben noch höhere Bestellungen für 2018 erhalten. Der Umsatz mit unmotorisierten Fahrrädern ist gesunken, aber dies wurde kompensiert vom gestiegenen E-Bike-Umsatz. Zusätzlich stieg der Umsatz mit Teilen und Zubehör, auch durch unsere Hausmarke XLC. Der höhere Umsatz in Europa führte hier auch zu höherem Gewinn.
(…)
Wir wollen Marktführer werden im mittleren und High-end-Segment für E-Bikes. Dies wollen wir auf eine kundenzentrierte und sozial verantwortliche Weise erreichen. 2018 wird ein wichtiges Jahr des Wandels. Wir beschleunigen die Umsetzung unserer Strategie und reduzieren die Komplexität unserer Gruppe um schneller und besser auf Marktänderungen zu reagieren. So können wir unseren Fachhändlern und Endkunden einen Mehrwert bieten und gleichzeitig unsere Wachstumsziele erreichen.“
Börse reagiert enttäuscht
Die Niederländer wollen ihren Aktionären eine niedrigere Dividende zahlen als noch im Vorjahr. Diese soll von 0,72 Eurocent auf 0,50 Eurocent pro Aktie sinken. Der Aktienkurs sackt um 10 % von 22,10 Euro auf ein zwischenzeitliches Tief von 19,86 Euro ab.



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