Ab 29. April 29.04.2020, 16:06 Uhr

Nur noch 800 Quadratmeter für bayerische Händler

In Bayern dürfen Fahrradhändler ab morgen nur noch auf 800 Quadratmetern öffnen. Dies entschied das bayerische Kabinett in seiner heutigen Sitzung. Die ZEG reagierte direkt mit einem Brandbrief an Ministerpräsident Markus Söder.
(Quelle: Bayern)
In der Kabinettsitzung am 28. April beschlossen die bayerische Landesregierung, dass die Schutzmaßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie bis zum 10. Mai verlängert werden. Zudem dürfen ab dem morgigen 29. April große Ladengeschäfte ihre Fläche auf 800 Quadratmetern begrenzen und somit auch öffnen. Weiter davon ausgenommen sind Lebensmittelgeschäfte, Bau- und Gartenmärkte, der Kfz-Handel und die sonstigen schon priviligierten Geschäfte des täglichen Bedarfs. Fahrradgeschäfte gehören in Bayern nicht mehr dazu und müssen sich jetzt auch auf die 800 Quadratmeter beschränken. Generell gilt in allen Geschäften zudem die Regel, dass ein Kunde auf 20 Quadratmeter Verkaufsfläche kommt.

Als eine der ersten reagierte die Zweirad-Einkaufs-Genossenschaft (ZEG) mit einem Brandbrief an den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder. Dieser lautet wie folgt:

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Dr. Markus Söder,

seit Beginn der Corona-Krise hat der Fahrradfachhandel in Deutschland die von der Bundesregierung und dem Freistaat Bayern getroffenen Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus mitgetragen und unterstützt. Und das, obwohl er wie viele andere Branchen schmerzhafte Einschnitte hinnehmen musste. Da anfänglich nur das Offenhalten von Fahrrad-Werkstätten erlaubt war, mussten viele Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt werden, Umsätze fielen aus, während gleichzeitig in Baumärkten und bei Lebensmittelgroßhändlern Fahrräder verkauft werden durften.

Als sinnhaft wurde deshalb angesehen, dass in einem weiteren Schritt der Fahrradfachhandel – unter Einhaltung der Hygienevorschriften und Abstandsregeln – seine Geschäfte ohne Flächenbegrenzung öffnen durfte, somit Baumärkten, Gartenzentren, Kfz-Händlern u.ä. gleichgestellt wurde und wie diese die Sicherheitsstandards einhielt.

Diese Regelung trug der Erkenntnis Rechnung, dass mit dem Fahrrad fahren momentan die sicherste und gesündeste Art, kurze und mittlere Distanzen zurückzulegen, gegeben ist. Auch von Politikern und Experten wird bei jeder Gelegenheit empfohlen, auf das Fahrrad umzusteigen. So wandte sich Gesundheitsminister Jens Spahn mit Verhaltenstipps an die Bevölkerung und erwähnte dabei explizit das Fahrrad bzw. das E-Bike. Jeder könne überlegen, ob er einen Weg zu Fuß oder im Sattel zurücklegen könne, statt öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Der anerkannte Biostatistiker, Gerd Antes und ehemalige Leiter des Cochrane-Zentrums an der Uni-Klinik in Freiburg weist darauf hin, dass Fahrrad und E-Bike fahren helfen kann, die Infektionskurve in der Bevölkerung abzuflachen und spricht vom „perfekten Selbstschutz“. Radfahrer halten nicht nur automatisch Abstand zu allen anderen, sie sind zudem einem geringeren Risiko ausgesetzt, sich durch das Berühren von Oberflächen zu infizieren. „Beide Effekte gibt es zum Nulltarif.“ Und Michael Barczok, vom Bundesverband der Pneumologen, Schlaf- und Beatmungsmediziner (BdV), Ulm meint, wer volle Busse und Bahnen meidet, senkt das Ansteckungsrisiko, weil das Coronavirus hauptsächlich über kurze Distanzen und Tröpfcheninfektion übertragen wird. Die Chance, sich beim Radfahren zu infizieren sei mithin „seuchenhygienisch“ unbedenklich.

Umso überraschender kommt nun der aktuelle Beschluss der Bayerischen Regierung, die dem Fahrradfachhandel nun Flächenbeschränkungen auferlegt. Ohne jegliche Begründung, ohne jeden erkennbaren Anlass. Einmal abgesehen davon, dass ein dera rtiges „Hüh und Hott“ Verdruss schafft, wie soll der Beschluss quasi über Nacht umgesetzt werden? „Man bewirkt damit genau das Gegenteil, auf engem Raum habe ich mehr Menschen in dieser Version als auf großer Fläche“, urteilt einer der größten Fahrradfachhändler Deutschlands.

Dabei sind Fahrräder und E-Bikes die idealsten Produkte, um sich in der Corona-Krise gesund und geschützt zu bewegen. Mit der aktuellen Festlegung wird aber eine der besten Waffen zur Bekämpfung der Krise zerstört.

Wir, die ZEG Zweirad-Einkaufs-Genossenschaft eG als Europas größter Zweirad-Fachhandelsverband, und die insgesamt 91 in der ZEG organisierten Fahrradfachhändler in Bayern, halten den Beschluss für falsch und fordern Sie auf, diesen im Sinne der Gesundheit der Bevölkerung rückgängig zu machen.

Darum bittet auch unser Markenbotschafter Bastian Schweinsteiger, mit dem wir seit Beginn der Corona-Krise im regen Austausch sind. Für ihn gehört das Radfahren zum bayerischen Lebensgefühl und ist besonders in München ein Teil der freiheitlichen Lebensart im Freistaat. Umso verwunderlicher ist es da, dass der Freistaat Bayern in diesem Fall einen eigenartigen Sonderweg geht und den bayrischen Bürgern die Möglichkeit der Gesundheitsvorsorge und Freiheit erschwert.

Mit freundlichen Grüßen
ZEG Zweirad-Einkaufs-Genossenschaft eG

Unterzeichnet ist der Brief vom ZEG-Vorstandsvorsitzenden Georg Honkomp und vom Kettler-Markenbotschafter Bastian Schweinsteiger.


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